Aus dem ganzen Kanton fuhr das Publikum in die Dorfhalle von Sent und feierte am letzten Freitag den Kulturpreis 2022 des Kantons Graubünden. In Sent, weil das Fest immer im Dorf des Kulturpreis-Trägers stattfindet. Dieses Jahr ging der grosse Preis an Not Vital, den Weltkünstler. Und wie jedes Jahr verlieh die Regierung Förder- und Anerkennungspreise, die jeweils von Köbi Gantenbein, dem Präsidenten der Kulturkommission, eine Lobrede erhalten. So Kurt Hauenstein, den die Regierung mit einer von sechs Anerkennungen ausgezeichnet hat. Nebst der Ehre trägt das 20 000 Franken ein.
Der Kulturpräsident sprach zum Architekten: «Dorfbaumeister – das war einmal ein Beruf. Ein Generalist, der mit Verstand, Geschäftssinn politischem und kulturellem Geschick die Bauaufgaben in einem, in seinem Dorf erledigt hat. Das tut er – unter anderem. Von Zürich her kam er ins Gebirge und liess sich, zusammen mit seiner Frau Marilies Düsterhaus, 1988 mehr zufällig als einem Plan folgend in der Herrschaft nieder. Es folgten 27 Häuser allein in Fläsch. Die Bauaufgaben hiessen: Wohnen im umgebauten und neuen Haus, Arbeiten für den Wein, Feiern in einer nicht mehr gebrauchten Seilbahnstation, aber auch ein Unikum, wie die schweizweit, wenn nicht weltweit schönste Postautostation für Fläsch – seit ihrer Eröffnung fährt fast niemand mehr in Fläsch Auto, alle wollen in Kurts Station aufs Postauto warten. Er und seine Getreuen im atelier-f – das ist vor allem der Architekt Bastian Güdel, und das waren in den letzten Jahren Stefanie Kramer, Lena Peters und Annina Peterer – er und die Seinen haben etwa ein Drittel aller Um- und Neubauten der letzten zwanzig Jahre in Fläsch realisiert. So sind nicht nur viele Häuser – so sind fast ausnahmslos die Perlen der Architektur im Dorf entstanden.
Kurt Hauensteins Können ruht auf drei Säulen:
Erstens: Er lernt den Ort – nicht nur Fläsch, sondern überall, wo er baut – ästhetisch, sozial, sinnlich und alltäglich gut kennen. Darauf stützt er seine Entwürfe. Daraus schöpft er Fantasie und Baukunst.
Zweitens: Er mischt sich ein in die Ortsplanung und hat die von Fläsch vor einem Dutzend Jahren als einen wichtigen Rahmen auch seiner Arbeit mitgestaltet. Er weiss, dass ohne das Daneben, das Davor und das Dahinter kein anständiges Ganzes entstehen kann. Das aber muss mit verbindlichen Regeln geklärt werden. Sie müssen auch vom Sachverstand und nicht nur vom Privatinteresse, geklärt werden. Sie müssen zu Gunsten des grossen Ganzen und nicht nur für Portemonnaie der Bodenbesitzer geschrieben werden.
Drittens: Eindrücklich sind Eleganz und Sicherheit, mit der Kurt Hauenstein seine Häuser in die städtebauliche Körnung einfügt. Nie sind es platte Unterordnungen in eine Gegebenheit, immer funkeln sie in diskreter Eigenart in einem Ensemble. Das kann keine Bauordnung allein, das kann nur ein guter Architekt und eine willige Bauherrschaft.
Ich verneige mich vor dem Architekten Kurt Hauenstein aus Fläsch. Die Regierung verleiht dir einen Anerkennungspreis für
atelier-f, Umbauten und Renovationen, und für dein Engagement als Dorfbaumeister und dein Können als Baukünstler.»