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Landquart - Igis - Mastrils
13.12.2025
12.12.2025 09:37 Uhr

P&H - Sonntagsgespräch mit Andreas Thöny

Bild: Christian Imhof
Ziemlich genau seit einem Jahr ist Andreas Thöny Landquarter Gemeindepräsident. Auch wenn er im Gespräch entspannt wirkt, sagt der 57-Jährige, dass das erste Jahr als Gemeindepräsident ihn doch recht gefordert habe.

Unterschätzt habe er das Amt nicht, da er ja zuvor selbst zwölf Jahre im Gemeindevorstand tätig gewesen sei. «Was ich aber tatsächlich ein wenig unterschätzt habe, ist die Verantwortung, die man trägt als Gemeindepräsident, obwohl man ein Teil von einem siebenköpfigen Gremium ist, das die Entscheidungen gemeinsam fällt.» Er sei für viele die Ansprechperson unter der Woche im Rathaus, wenn es auch um einfachere Entscheide gehe. Gemeindepräsident sei ein 24-Stunden-Job, bei dem man auch am Wochenende beim Spazieren angesprochen werde. Die Bevölkerung projiziere die Sorgen, aber auch Erwartungen meist auf den Gemeindepräsidenten, was im Leben von Andreas Thöny schon für eine Umstellung gesorgt hat. «Man muss sich zu ganz vielfältigen Themen schnell ein Bild machen und dann eine Meinung bilden und entscheiden – das ist recht anspruchsvoll.» Es helfe, dass er bei sich sei und der Umgang mit den Leuten sich nicht komplett verändert habe, seit er das Amt innehabe. «Mir war es immer schon wichtig, offen mit den Leuten über ihre Anliegen zu sprechen.» Am meisten Respekt habe er auch nach einem Jahr noch vor den Gemeindeversammlungen, da man dort als Leiter der Versammlung mitten im Auge des Sturms stehe. «Man weiss nie so recht, wie die Leute auf Anträge reagieren, ob etwas Unerwartetes kommt, ob sie persönlich werden, wenn sie einen Frust haben, den sie abladen möchten.» In den zwei Gemeindeversammlungen, die Thöny bisher geleitet hat in dem Jahr, sei es glücklicherweise gut gelaufen, was ihn beruhige. «Doch jede Gemeindeversammlung fängt wieder bei Null an. Vor dem habe ich Respekt und bereite mich gut vor, damit ich auch, wenn inhaltlich kontrovers diskutiert wird, eine Ordnung habe und dass sie auch sauber durchgeführt werden kann.» Im vergangenen Jahr konnte die Gemeinde einige Themen angehen und auch erfolgreich realisieren, sagt Andreas Thöny. Landquart habe sich nach zwanzig Jahren ein neues Leitbild gegeben und konnte dort strategische Schwerpunkte setzen, die aufzeigen, wo es hingehen soll in den nächsten Jahren. «Das war ein langer, guter Prozess mit Workshop im Gemeindevorstand und einer Zukunftswerkstatt mit Einwohnern, an denen geschaut wurde, wo wir stehen, welche Stärken und Schwächen es gibt, aber auch Chancen und Gefahren.» Das Leitbild mit dem Übertitel «Gemeinsam zum Ziel» zeigt was Landquart mit seinen drei Dörfern bis 2040 erreichen will. Wie es bereits in dieser Zeitung gelesen werden konnte, geht es im Grundsatz um folgendes «Im Willen zu regionalem Denken, sozial verantwortlichem Handeln und Zusammenhalt gestalten wir unsere Zukunft. Im Bestreben, ein Ort zu bleiben, an dem wir uns wohlfühlen und miteinander wachsen, entwickeln wir Landquart stetig weiter.» Konkret heisst das, es wurden die sechs Handlungsfelder mit den Bereichen «Wohnraum, Arbeitsort und Bildung», «Bewusstes Wachstum», «Digitale Transformation», «Mobilität», «Gesellschaft», sowie «Klima & Umwelt» definiert. Der Gemeindevorstand steckt sich darauf basierend ganz klare Ziele, die er erreichen will. Laut Thöny sei so ein Fahrplan oder ein Handbuch entstanden, mit dem man einen besseren Fokus auf die brennenden Themen setzen könne. 

Vandalismus am Bahnhof

Eines dieser Themen, welches wohl irgendwo bei der Mobilität, aber auch bei der Gesellschaft eingeordnet werden kann, ist die WC-Anlage beim Bahnhof Landquart. Diese brachte der Gemeinde diverse negative Schlagzeilen im vergangenen Jahr. Doch die Problematik mit Vandalismus besteht nicht erst seit gestern, sagt Thöny. «Als das WC, zu welchem man früher Zugang von der inneren Seite des Bahnhofs hatte, umgebaut wurde und daraus ein öffentliches WC gemacht wurde, haben die Probleme angefangen. Mühsam sei es vor allem, weil dort immer wieder Sachbeschädigungen stattfinden oder Reinigungspersonal angepöbelt werde. «Weil wir immer mehr Vandalenakte hatten, haben wir diesen Sommer ausprobiert das WC phasenweise zu schliessen. Es stand schon die Frage im Raum, ob es das WC überhaupt braucht.» Der Reisende, der in Landquart umsteige, habe die Möglichkeit im Zug auf die Toilette zu gehen oder wegen der kurzen Anschlüsse gar keine Zeit. Problematisch seien eher die Personen, die sich länger auf dem Bahnhof aufhalten. «Die Reklamationen kamen schnell, da einerseits gefragt wurde, ob man im Binari auf’s WC könne oder man hat sein Geschäft einfach im Quartier erledigt.» Dann habe die Gemeinde nach Eingang mehrerer Reklamationen die WC wieder geöffnet. «Wenn irgendwelche Sachbeschädigungen sind, müssen wir die flicken, weil es keine Alternative gibt.» Ein Chromstahl-WC, wie es anderen Bahnhöfen gang und gäbe sei, koste schnell mal eine halbe Million Franken, was aktuell nicht drin liege.

Der fehlende Treffpunkt

Doch es könnte sein, dass das Problem in naher Zukunft gelöst werden könnte. «Von der Gemeindeseite her ist vorgesehen, dass eine multimodale Verkehrsdrehscheibe realisiert wird. Die Situationen der Postautohalteplätze, der Parkplätze und der rote Platz, der zwar schön ist, aber viel zu wenig gebraucht wird, möchten wir genauer anschauen.» Die Optimierung des Verkehrsknotenpunkts als Umsteigebahnhof stehe ganz oben auf der Liste. Doch bei dem Projekt seien mehrere Parteien beteiligt. «Damit verbunden ist, dass die Rhätische Bahn Bedarf hat an Lokalitäten für ihre Mitarbeitenden. Es werden Einheiten von Chur nach Landquart verschoben. Weiter befindet sich eines der grossen Entwicklungsareale der RhB an der Schulstrasse. «Dort wo heute das Materiallager und die Parkplätze sind, wird das Areal entwickelt. Dort gibt es dann Wohnungen, gewerbliche Aktivitäten und Kultur soll möglich sein.» Das sei aus Gemeindesicht die einmalige Chance darüber nachzudenken, ob dort auch ein Gemeindezentrum entstehen könnte. «Aus der Leitbildentwicklung ist klar hervorgegangen, dass man in der Gemeinde das Dorfleben aktivieren wolle.» Was mit dem neu gestalteten Dorfplatz in Igis dank der Bürgergemeinde bereits realisiert wird, sollte auch in Landquart möglich sein. «In Landquart fehlt ein attraktiver Treffpunkt. Bis in ein paar Jahren könnte es durchaus sein, dass dort etwas passiert.»

Finanzen im Griff haben

«Allerdings müssen wir schauen, was wir künftig realisieren können.» Denn nach einer Analyse des Finanzhaushaltes habe sich gezeigt, dass die Gemeinde die anstehenden Investitionen nicht selber finanzieren könne. Das würde zu einem Anstieg der Schulden führen. Wegen des Bevölkerungswachstums brauche es mehr Schulraum. Zudem stünden verschiedene Strassenbauprojekte an. Deshalb werde jetzt eine vertiefte Aufgaben- und Leistungsüberprüfung durchgeführt. «Ziel ist es, dass wir die Finanzen im Griff behalten. Und dank des Leitbilds können wir den richtigen Fokus auf künftige Projekte setzen.»

Christian Imhof