Es war erneut Franca, die eines Abends nach Arbeitsschluss Dora mit unglaublichen Plänen überfiel. «Hör mir einfach einmal ganz ruhig zu: Was ich dir jetzt vorschlagen werde, ist wohl die unglaublichste, aber auch wundervollste Idee, die deine unbeugsame Schwester jemals beflügelt hat!». Dora spürte ihren rasenden Herzschlag bis zum Hals und sah voller Erwartung zu ihrer Schwester. «Lass uns – und bitte, widersprich mir jetzt nicht sofort – ein eigenes Hotel bauen! Bereits seit längerer Zeit verfolgt mich diese Idee, nur habe ich dir nie etwas davon gesagt.» Dora wurde stets blasser auf ihrem Stuhl. «Bist du ... hast du ... est tü ... hest tü?», mehr brachte sie nicht heraus. «Betrunken meinst Du? Stuorn managias't? Nein, ich habe all meine Sinne beisammen, bin nüchtern und absolut zurechnungsfähig! Na,eau sun dal tuot consciaint, gegün ed absolut cun saun inclet!», erwiderte Franca voller Stolz! «Ich fühle nur zu gut, dass ich selbst nicht mehr in die Einsamkeit der Engadiner Berge zurückkehren möchte. Ebenso scheint mir, dass wir, schon wegen deiner drei Kinder, Klosters nicht verlassen sollten. Deshalb bleibt wohl nichts anderes übrig, als uns hier eine neue Existenz aufzubauen – eine, die uns neu belebt und erfüllt, eine, die uns auch ein +sicheres Einkommen gewährleisten wird.». Franca schwieg, nippte an ihrem Kaffee, und betrachtete dabei ihre Schwester, die sie offensichtlich total aus dem Konzept gebracht hatte. «Ein eigenes Hotel ... wir zwei Frauen in dieser Männerwelt, in einer Welt, die es uns bis anhin schon nicht leicht gemacht hat!», erwiderte Dora gedankenvoll.
«Wie ... wie gedenkst du überhaupt, ein solches Projekt zu finanzieren?», sprach sie weiter. Franca begann, von ihrem heimlich vorbereiteten Plan zu erzählen, davon, dass sie zu einem äusserst günstigem Preis ein Stück Land in unmittelbarer Nähe des neuen Bahnhofs erwerben könnten. «Klosters, ein aufstrebender Kurort mit immer mehr internationalen Gästen, ist mit Hotels bis heute nicht gerade reich gesegnet. Ich bin absolut überzeugt, wir beide hätten mit einem sorgfältig geplanten und kompetent geführten Hotelbetrieb Erfolg!». Franca schwieg und betrachtete dabei ihre Schwester, die etwas ungläubig vor sich hin sah. «Wir beide einen eigenen Hotelbetrieb? Was das alles mit sich bringen würde! Meine kleinen Kinder», antwortete Dora besorgt, «dürften niemals darunter leiden; Ich trage ihnen gegenüber als alleinstehende Mutter eine besonders grosse Verantwortung, darüber bist du dir wohl im Klaren! Ich bitte dich, mir Zeit – viel Zeit – zu geben, um in aller Ruhe darüber nachdenken zu können, um die positiven sowie auch die negativen Seiten genauestens zu bedenken!». Damit war Franca mehr als nur einverstanden.