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Grüsch - Fanas - Valzeina
12.02.2025
12.02.2025 21:51 Uhr

Frischer Wind beim Volksmusikverband

Will den VSV wieder bekannter machen: Martin Niggli.
Will den VSV wieder bekannter machen: Martin Niggli. Bild: Ch. Imhofe
Seit einem Jahr ist Martin Niggli Präsident des Verbands Schweizer Volksmusik Sektion Graubünden. Der in Grüsch aufgewachsene Polizist hat damals die Nachfolge von Hitsch Kessler angetreten und im vergangenen Jahr auf verschiedenen Ebenen versucht, modernere Strukturen zu etablieren. Die Volksmusik soll für den Nachwuchs interessant bleiben und der VSV auch in den nächsten Jahrzehnten nicht nur überleben, sondern auch Mitglieder gewinnen. Er hat in der kurzen Zeit bereits viel frischen Wind in den Verein gebracht.

Martin Niggli spielt kein Instrument, bezeichnet sich selbst als schlechten Tänzer und ist trotzdem seit einem Jahr Präsident des Bündner Volksmusikverbands. «Musikalisch bin ich eine völlige Pfeife», erklärt er lachend. Bei der Flöte hat meine musikalische Karriere aufgehört. In der Schule hatte ich im Fach Singen und Musik eine 3.5 und darum habe ich es aufgegeben.» Trotzdem hat die volkstümliche Musik Niggli als Zuhörer immer viel bedeutet und er wurde dank seiner Mutter selig schon in seiner Kindheit mit dieser Musiksparte vertraut gemacht. Später hat er den Bezug zur Volksmusik ein wenig verloren, doch seit seine Partnerin Schwyzerörgeli spielt, hat es ihm den Ärmel wieder reingezogen. «Seit rund zehn Jahren bin ich wieder ein bisschen in die Geschichte reingekommen und habe mich dann mit dem Volksmusikverband befasst.» Dabei hat er entdeckt, dass alles ein wenig «verrostet» gewesen ist. «Ich dachte mir, dass man bei den Strukturen aktiver werden sollte in Sachen Digitalisierung und Informationen an die Mitglieder über verschiedene Aktivitäten und Anlässe im Kanton.» Die Neuerungswünsche stiessen nicht überall auf offene Ohren, da dies Mehraufwand im Vorstand bedeutete.

Zufällig dann doch Präsident

Niggli hat nicht aufgegeben und immer wieder neue Vorschläge eingebracht bis eines Tages der Kassier Hans-Ruedi Ritter ihn fragte, ob er nicht Interesse hätte, im Vorstand des Verbands mitzuwirken. «Ich sagte ihm, dass ich alles mache, nur nicht Präsident, und er hoffte wohl, dass ich sein Ressort, die Kasse, übernehme werde», meint er schmunzelnd. Und so wurde das potenzielle neue Vorstandsmitglied zur nächsten Vorstandssitzung eingeladen. Vorgängig hat sich Niggli seine Aussage nochmals durch den Kopf gehen lassen und ist zum Schluss gekommen, dass er im Vorstand wohl nur als Präsident wirklich etwas bewegen kann. «Das Amt des Kassiers war mir zu zahlenlastig, für den Posten des Musik-Chefs fehlten mir die notwendigen musikalischen Kenntnisse und so blieb praktisch nur noch das Präsidium übrig. Nach der Sitzung fragte mich Hitsch Kessler, ob ich mir auch vorstellen könnte, Präsident zu werden, und so habe ich für dieses Amt zugesagt.» Über ein Jahr hinweg konnte Niggli mit seinem Vorgänger «mitlaufen» und einen Einblick in das Aufgabengebiet des Präsidenten gewinnen.

Jünger, bekannter, finanziell stabil

Seit 36 Jahren arbeitet Martin Niggli bei der Stadtpolizei Chur. Somit ist es nicht nur sein Naturell, sondern auch seinem Beruf geschuldet, dass alles strukturiert und zügig angegangen wird. «Bei mir geht alles schnell und ich muss hin und wieder aufpassen, dass ich meine Vorstandskollegen nicht überfordere», meint er mit einem Lachen. Die Volksmusikszene müsse mit der Zeit gehen, sonst sei sie irgendwann mal überaltert, ist er überzeugt. Einige Pfeiler seien da im vergangenen Jahr eingeschlagen worden. «Wir haben es geschafft, dass die Jungen auch an «normalen» und nicht nur an Jungmusikanten-Stubete teilnehmen. Sie kommen inzwischen auch an Veranstaltungen und nehmen sogar an der GV teil.» Seit Niggli das Amt als Präsident übernommen hat, gibt es auch wieder eine VSV-Reise, die lange nicht mehr durchgeführt wurde. Im Mai gehe es ins Appenzell und bereits jetzt verzeichne man über 30 Anmeldungen. Es bewegt sich was im VSV Graubünden. Er habe mit einigen wichtigen Zielen als Präsident gestartet, sagt Martin Niggli. «Wir wollen, dass der VSV wieder bekannt gemacht wird. Das ist mir mit einem Teil gelungen, in dem ich jedem Verbandsmitglied zum Geburtstag gratuliere. Zusätzlich verschicken wir monatlich eine E-Mail mit allen Veranstaltungen im Kanton.» Das sei mit wenig Aufwand verbunden und komme bei den Mitgliedern sehr gut an, wie viele positive Rückmeldungen zeigen, weiss Martin Niggli. Des Weiteren sei der Finanzhaushalt des Verbands auch überarbeitet worden. «Beim Ländlerkapellentreffen in Landquart mussten wir über die Bücher, denn es kann nicht sein, dass bei einem Fest mit 700 Leuten rote Zahlen geschrieben werden.» Damit das nicht mehr passiert, wurden verschiedene Massnahmen ergriffen. Für die traditionsreiche Veranstaltung wurden Sponsoren gesucht, bei der Kulturförderung des Kantons Graubünden eine Defizitgarantie beantragt und die Kosten mit dem SRF für die Übertragung im Fernsehen und Radio neu ausgehandelt. Durch die Fernsehsendung entstand dem VSV jeweils ein Aufwand von rund 4000 Franken, ohne dass sich das SRF gross daran beteiligt hat. Wegen der Technik konnten weniger Plätze verkauft werden, die zusätzliche Saalmiete für die Einrichtung am Vortag und die Verpflegung der 14-köpfigen Crew gingen ebenfalls zu Lasten des VSV. Es sei zwar lässig, dass eine TV-Sendung aus Landquart übertragen werde, aber der Verein könne diese Kosten zukünftig nicht mehr stemmen, sagt der Präsident. Das SRF wurde darüber informiert, dass sie für zukünftige Sendungen ihren gesamten Aufwand selber tragen müssen. Dies hat dazu geführt, dass auf die Übertragung des diesjährige Ländlerkapellentreffens im Schweizer Fernsehen verzichtet wurde. Man wolle aber am 60-Jahr-Jubiläum im Jahr 2026 wieder dabei sein, hiess es aus Leutschenbach.

Niggli mit dem OK vom Ländlerkapellentreffen. Bild: zVg

Wir knacken die 600

Die Mitgliederzahlen sanken in den letzten Jahren kontinuierlich von 600 auf 534. «Jetzt, nach knapp einem Jahr, sind wir wieder auf 595, was mich natürlich sehr freut.» Das sei der Erfolg des ganzen Vorstands, der sich gegenseitig zur Mitgliederakquise angestachelt habe. «Bei meinem Amtsantritt habe ich gesagt, dass es mein Ziel ist, dass der Verein wieder 600 Mitglieder hat.» Diese Aussage schnappten auch Leute auf, die nichts mit der Volksmusik am Hut haben, aber Niggli beim Erreichen seines Ziels unter die Arme greifen wollen. So kommt es auch, dass beispielsweise die bekannten Eishockey-Brüder Reto und Jan von Arx inzwischen Mitglieder im VSV Graubünden sind. Kein anderer Volksmusikverband habe im vergangenen Jahr so viele Mitglieder zugelegt wie der Bündner. Dass der frische Wind, welcher der neue Präsident mitbringt, Wirkung zeigt, war auch an der diesjährigen Generalversammlung zu spüren, an der sage und schreibe 98 Personen teilgenommen haben. Es scheint, der VSV Graubünden ist aus dem Dornröschenschlaf erwacht und man darf gespannt sein, was die Zukunft bringt.

Christian Imhof