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Jenaz
18.01.2025

«Der Sport hilft mir auch bei meinem Beruf»

Macht bei IRONMAN-Wettkämpfen auf der ganzen Welt mit: Vroni Kühne.
Macht bei IRONMAN-Wettkämpfen auf der ganzen Welt mit: Vroni Kühne. Bild: Ch. Imhof
Vroni Kühne ist in Jenaz aufgewachsen. Sport spielte in ihrer Familie immer schon eine wichtige Rolle, doch dass sie selbst mal an einem Ironman mitmachen würde, hatte die 36-Jährige lange nicht auf dem Schirm. Im Dezember wurde sie 99. bei den «IRONMAN 70.3 World Championships» in Taupō, Neuseeland. Und auch wenn das eine Hausnummer ist, im neuen Jahr will die Sportlerin noch höher hinaus.

«Wie alle meine Brüder habe ich schon von klein auf viel Sport getrieben. Dann hatte ich mal eine kurze Pause und es nach der Lehre wieder ein wenig für mich entdeckt», sagt Vroni Kühne, die vor der Hochzeit mit ihrem Pirmin den Namen Gartmann trug. Sie habe dann nach ihrer KV-Ausbildung bei der Trumpf wieder damit begonnen, zu rennen und zu biken. 

Nochmals schwimmen lernen

«Im 2013 hat mich Tamara Burkhardt mal nach Zürich mitgenommen zum wilden Sportverein TG Hütten.» Dort habe sie gesehen, dass man auch gut mal einen ganzen Samstag trainieren könne. Dort seien alles Triathleten dabei gewesen, die mehrere Dinge machten. Das habe ihr erstmals gezeigt, wo sie selber stand zu diesem Zeitpunkt. «Ich dachte ja, dass ich mit meinen sechs Stunden pro Woche sehr viel Sport treibe. Doch die absolvieren das gleiche Pensum in einem Tag.» Und gleich faszinierte sie die Kombination aus Velofahren, Laufen und Schwimmen sofort. Sie sei dann so ein bisschen reingerutscht in das Ganze und stand erstmals vor einem Problem, das viele im Prättigau aufgewachsene Personen wohl haben. «Ich probierte mal in Zürich eine olympische Distanz zu machen, musste aber erst mal noch richtig schwimmen lernen.» Im freien Gewässer zu kraulen sei schon eine andere Geschichte, als bloss ein bisschen im Freibad zu planschen. Aus diesem Grund besuchte sie nochmals einen Schwimmkurs für Anfänger, wie sie lachend ausführt. 

Acht Monate Vorbereitung

Im Triathlon gebe es drei Distanzen, die Kühne alle schon geschafft hat. Begonnen habe sie mit der olympischen Distanz, welche 1,5 km Schwimmen, 40 km Radfahren und 10 km Laufen umfasst. Die mittlere Distanz betrage 1,9 Kilometer Schwimmen, 90 Kilometer auf dem Velo und einen Halbmarathon laufen, was bedeutet, 21,1 Kilometer zu Fuss. Die Langdistanz beinhaltet 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und einen Marathon mit 42,195 Kilometern Laufen. Von ausserhalb der Szene sticht oft der Begriff «IRONMAN» ins Auge. Dieser gelte als Marke, wie die in Valens Wohnhafte erklärt. «Es gibt verschiedene Veranstaltungen wie die Weltmeisterschaften, die unter diesem Brand laufen. Im Triathlon gibt es aber auch noch sogenannte ‹Challenges› von anderen Anbietern. Ironman bedeutet immer Volldistanz, kürzere Distanzen werden dann als ‹IRONMAN 70.3› gelistet.» Für einen «IRONMAN» brauche es lange und intensive Vorbereitungen. «Da musst du alles andere zurückstufen. Da gibt es nur noch arbeiten, trainieren und schlafen. Da kommen in der Woche so um die 20 Stunden Training zusammen.» Das empfindet sogar eine sportsüchtige Person wie sie als viel. «Auf so einen Wettkampf bereitet man sich um die acht Monate vor.» 

Man muss es wollen

Finanziell lohnenswert ist Triathlon für Vroni Kühne nicht. Eher im Gegenteil, die Reisen und die Startgebühren bei den Wettkämpfen müsse sie selbst berappen. Diese belaufen sich sogar bei Schweizer Ausgaben auf um die 1000 Franken. «Das ist dann aber nur das Startgeld. Du hattest dann das Velo noch nicht im Service, keine Trainingslager bezahlt und auch noch nichts gegessen. Es ist sehr kostspielig. Man muss es wirklich wollen.» Sponsoren in dem doch noch recht neuen Sport zu finden, sei eher schwierig. Doch das Gefühl, an einer Weltmeisterschaft mitzumachen, sei ein sehr schönes. «Ich hätte nie gedacht, dass das möglich wäre, da ich es auch nicht wirklich gesucht habe.» Kühne sieht ein, dass sie mit ihren 36 Jahren zu alt ist, um in diesem Bereich Profi zu werden und vielleicht sogar von Sponsoren finanziell unterstützt zu werden. Obwohl es bei den Frauen hin und wieder auch Querschlägerinnen gebe. «Es gibt doch einige, die mit über 30 noch vorne dabei sind, doch in der Regel sind die Profis alle um die 20 rum.» 

Vroni Kühne in Action. Bild: Ch. Imhof

Momente für die Ewigkeit

Das Erlebnis stehe im Fokus, sagt Vroni Kühne. «Die ganze Vorbereitung auf einen Wettkampf und was es alles braucht, sind die Dinge, die mich begeistern. Der Sport hilft mir auch bei meinem Beruf.» Beim Training wie auch im Arbeitsleben brauche man Struktur. «Es gibt vieles, von dem man am Anfang denkt, dass man es nie schafft, und dann doch merkt, wie viel der Körper im Stande ist. «Ich hätte beispielsweise nie von mir gedacht, dass ich irgendwann 3,8 Kilometer schwimmen kann. Inzwischen schaffe ich das in einer Stunde und zwanzig Minuten.» Bei so intensiven Trainings braucht es auch immer ein Umfeld, das einen trägt. Kühne hat mit ihrem Mann Pirmin einen Glücksgriff getan, denn auch er ist sehr sportlich. «Auch wenn er mehr angefressen vom Kraftsport ist, kommt er oft mit und schwimmt und rennt mit mir.» Sie schaue dafür dann auch wieder mal Formel 1 mit ihm als Gegenleistung, wie sie lachend erzählt. Bei der WM in Neuseeland sei ihr Mann, da er nicht gerne fliege, zu Hause geblieben. Ihn vertreten habe seine Schwester, die Vroni unterstützt habe. «Ich war so froh, dass sie mitgekommen ist, da es alleine schon sehr hart gewesen wäre. Vor allem bezogen auf den Schluss oder wenn irgendwo auf der Strecke was gewesen wäre.» Erfolge im Sport seien am schönsten, wenn man sie mit jemandem teilen könne. «Der Moment, wenn du über die Ziellinie läufst, der ist schon für dich. Aber wenn du es nachher mit niemandem teilen kannst, ist alles gar nichts wert.» 

Hoch hinaus statt  Triathlon-Pause

Im Sommer war Vroni Kühne fünf Wochen in Japan. Im September startete sie mit ihrem neuen Job in einer IT-Firma in Sargans und in Neuseeland wurde Vroni Kühne 99. in ihrer Alterskategorie der 35 bis 39-Jährigen. Insgesamt haben rund 6000 Athletinnen und Athleten bei der WM mitgemacht. In ihrer Kategorie gingen 244 Frauen an den Start, was zeigt, dass Kühne im soliden Mittelfeld gelandet ist. Bei den insgesamt gestarteten 2057 Frauen landete sie letztendlich auf dem 616. Platz. Mit ihrer Leistung ist sie sehr zufrieden. «Ich hatte am Anfang Schiss, dass ich Letzte werde, da man ja nie weiss, was einen erwartet.» Auch wenn der grosse Wettkampf erst kürzlich war, auch im 2025 wird die Prättigauer Sportlerin wieder angreifen. «Ursprünglich wollte ich in diesem Jahr keine Volldistanz mehr absolvieren und mich auf etwas anderes konzentrieren, da der Einsatz schon sehr gross ist.» Beim populären Wettkampf auf Hawaii sei sie bisher zwar noch nicht dabei gewesen, doch eine andere Gelegenheit habe ihren Plänen, einen Gang runterzuschalten, einen Strich durch die Rechnung gemacht. «Im November habe ich mich für den ‹SWISSMAN› beworben. Das ist ein Volldistanz-Wettkampf mit 5575 Höhenmetern.» Der Langdistanz-Triathlon am 21. Juni bietet, wie es auf der Website der Anbieter heisst, eine weltweit einzigartige Strecke. Sie starte im Süden des Landes und führe über drei Alpenpässe in das Herz der Schweiz. Das Ziel werde nach einem Schlussanstieg am Fusse der massiven Bergkulisse von Eiger, Mönch und Jungfrau erreicht. Die Anmeldeplätze seien beschränkt, sagt Kühne, und darum müsse man fast zugreifen, wenn man mal angenommen werde. «Es gibt nur 250 Startplätze, die sie vergeben. Diese werden ausgelost. Ich habe gedacht, dass ich in drei Jahren so weit bin, dass ich das machen kann.» Sie hatte ihrem Mann Pirmin noch nichts davon erzählt, dass sie sich dafür beworben habe, als drei Wochen später das Schreiben kam, dass sie gezogen wurde. «Dann musst du dich innert zwei Tagen entscheiden, ob du das möchtest, was kurz vor Neuseeland war. Doch wir haben gewusst, dass wir diese einmalige Chance nutzen müssen.» Doch bei dem vielen Sport und den intensiven Vorbereitungen bleibt das Credo von Vroni Kühne das gleiche. «Mir ist die Gesundheit und das Fit-Sein recht wichtig. Man muss immer gut auf sich schauen.» Man brauche so vielleicht für gewisse Sachen länger, doch am Schluss komme man mit langsamem Tempo am weitesten. 

Christian Imhof