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Weltoffen sein und Prättigauer Dialekt sprechen

Tanja Egli aus Grüsch setzt sich für die Dialekterhaltung ein.
Tanja Egli aus Grüsch setzt sich für die Dialekterhaltung ein. Bild: Ch. Imhof
Tanja Egli aus Grüsch hat für ihr junges Alter schon viel erlebt. Sie hat über zehn Jahre lang Skirennen, darunter ein Jahr lang FIS-Rennen, gefahren. Dann hat sie das Programm der Medienfamilie Südostschweiz und von SRF Sport mit ihrem breiten Prättigauer Dialekt bereichert. Inzwischen geht die 27-Jährige mit einem neuen Format an den Start, in dem sie urchige Dialektwörter auch einem jungen Publikum beibringen will.

Als 17-Jährige musste sich Tanja Egli entscheiden. Es sei zwar schon immer auch der Wunsch da gewesen, im Skizirkus vorne mitzufahren, doch komplett auf diese Karte setzen wollte die junge Frau dann doch nicht. «Um wirklich im Profibereich Fuss zu fassen, müsste man auf alles nebenbei verzichten, und für das bin ich ein viel zu geselliger Mensch.»

«Ich wollte die neue Steffi Buchli werden»

Sie entschied sich für das Leben mit Turnverein und Freundschaften und gegen den Skirennsport. «Ich bereue diese Entscheidung überhaupt nicht.» Dazu komme, dass sie sich jetzt nicht als «Jahrhunderttalent» auf den Skiern bezeichnen würde. Sie habe den Sport einfach sehr gerne betrieben und liebe das Skifahren auch heute noch: «Da bin ich dort, wo ich am liebsten bin – in den Bergen.» Nach der Matura zog es die Grüscherin ins Unterland. Bei Ringier suchten sie damals nach einer Praktikantin in der Videoredaktion. Das kam Egli gelegen, da sie schon damals gerne Go-Pro-Videos drehte. «Ich habe mich da mal beworben, hätte aber nicht gedacht, dass es klappt.» Weil so eine Unsicherheit im Raum war, habe sie sich gleichzeitig für ein Studium in Freiburg eingeschrieben. Sie sei dann als eine von 30 Leuten eingeladen worden. «Das fand ich sehr aufregend, als Bergkind die Redaktion von ‹Blick› besichtigen zu können.» Dann habe es geheissen, sie könne kommen, worauf sie das Studium auf später verschob. Nach dem halbjährigen Praktikum bei ‹Blick› habe sie es wieder nach Graubünden gezogen. «Ich wollte weiterarbeiten, habe aber die Berge vermisst. Deshalb bin ich bei der ‹Südostschweiz› gelandet und habe dort ein Praktikum mit anschliessendem Volontariat gemacht.» Wieder habe sie sich für ein Studium angemeldet, doch irgendwie habe sie selber nicht mehr daran geglaubt. «Innerlich habe ich gedacht, dass es mir so viel Spass macht, zu arbeiten, dass ich am liebsten einfach weiterarbeiten möchte.» Der klassische Weg in den Journalismus über ein Studium sei es bei ihr natürlich nicht gewesen, doch sie habe sich immer schon sehr für die Branche interessiert, sagt Tanja Egli. «Das Reden ist mir immer schon recht einfach gefallen, darum hat mich der Journalismus recht früh schon fasziniert. Mein Plan war es immer, die neue Steffi Buchli zu werden.» Sie sei überzeugt, dass sich irgendwie ein Weg finde, wenn man es wirklich wolle.

Mission Dialektpflege

Während im Unterland ihr Dialekt sehr positiv aufgenommen wurde, merkte sie in Chur, wie immer wieder mal Witze darüber gerissen wurden. «Es ist schon ein bisschen lokaler Rassismus.» Doch die faulen Sprüche brachten Tanja Egli nicht aus dem Konzept. «Ich habe mir immer gesagt, dass man nicht alle in eine Schublade stecken kann. Man kann weltoffen sein und den Prättigauer Dialekt sprechen. Das eine schliesst das andere ja nicht aus.» Eine grosse Mehrheit aus ihrem Freundeskreis passe sich schleichend an, was sie überhaupt nicht begreifen könne. «Eigentlich haben wir so viele einzigartige Dialekte, und die gehen mit der Zeit alle verloren. Als ich in Grüsch in die Primarschule ging, hat es neben mir vielleicht noch zwei, drei andere gegeben, die noch einen richtigen Prättiger Dialekt hatten…» Bei Radio Südostschweiz habe sie eine Rubrik eingeführt, in der sie Begriffe erklärt habe. Auch noch heute werde sie zum Teil darauf angesprochen. «Da habe ich gemerkt, dass die Leute sich schon für den Dialekt interessieren.»

Über Schwangerschafts­vertretungen zum Traumjob

Nach dem Volontariat bei der ‹Südostschweiz›, das sie durch alle Redaktionen geführt hatte, konnte Tanja Egli bei Radio Südostschweiz eine Schwangerschaftsvertretung machen. Da ihre Kollegin nach dem Mutterschaftsurlaub nicht wieder Vollzeit arbeiten wollte, durfte Egli anschliessend als Moderatorin bleiben. «Ich habe da unglaublich viel gelernt, wofür ich heute noch dankbar bin.» Nach zwei Jahren beim Sender habe sie jedoch schon gemerkt, dass da noch der Traum, irgendwann in die Fussstapfen von Steffi Buchli zu treten, in ihrem Hinterkopf war. «Ich merkte, entweder muss ich es jetzt nochmals im Unterland probieren oder ich lasse es bleiben. Ich habe die Berge viel zu gerne, dass ich ganz genau wusste, dass ich es mit 30 nicht mehr versuche.» Anschliessend habe sie ein Praktikum bei SRF 3 gemacht und sei wieder durch eine Schwangerschaftsvertretung an den Job bei der SRF-Sport-Radio-Redaktion gekommen. «Schon bei SRF 3 habe ich gesagt, dass ich gerne zum Sport will, was dann durch Netzwerk funktionierte.» Der hübsche Dialekt, den Egli natürlich auch auf dem Staatssender kein bisschen verstellte, kam sehr gut beim Publikum an und sorgte regelmässig für liebe Zuschriften.

Bild: Olivia Aebli-Item

Mein Leben zog an mir vorbei

Seit ziemlich genau einem Jahr ist Tanja Egli inzwischen nicht mehr bei SRF Sport. Zuerst habe sie ein wenig Skischule unterrichtet und sei anschliessend zu einer grösseren Reise durch Zentralamerika aufgebrochen. Als sie zurückgekommen sei, habe sie noch drei Monate in einer SAC-Hütte gearbeitet. Ins Leutschenbach kehrt sie aber aktuell nicht zurück. «Es war mein Kindheitstraum, mal beim SRF zu arbeiten, und es hat mir dort auch sehr gut gefallen.» Sie sei mit 25 da gestanden und habe beruflich alles schon erreicht, von dem sie als Kind geträumt habe. Während knapp zwei Jahren produzierte sie Inhalte für Radio SRF 1, SRF 3 und SRF 4. «Obwohl ich die Arbeit sehr gerne gemacht habe, arbeitet man sehr unregelmässig. Drei von vier Wochenenden pro Monat ist man im Einsatz. Oft hatte ich auch wechselnde Schichten, was dann schon an einem zehren kann.» Sich ein soziales Umfeld aufzubauen sei schwierig gewesen. «Wenn du studierst, hast du die Chance, dir ein soziales Umfeld aufzubauen. Wenn du aber dort arbeitest, musst du mit den Begebenheiten klarkommen.» Bei SRF habe sie wirklich viel Tolles erlebt, aber hatte das Gefühl, dass ihr Leben ein wenig an ihr vorbeizog. «Viele Leute haben mir gesagt, dass man so einen Job nicht kündigt. Und es war auch wirklich kein leichter Schritt für mich.» Das Mikrofon hat sie aber trotzdem nicht ganz abgelegt und moderiert mittlerweile verschiedene Events. «Durch meine Erfahrungen bei Somedia und SRF kann ich in diesem Bereich sehr viel profitieren.»

Das Geschichtenerzählen bleibt

Aktuell absolviert Tanja Egli eine Ausbildung zur Skilehrerin und scheint auch ohne Studium angekommen zu sein. «Ich bringe die Berge schon nicht los. Das ist so. Wenn ich die ‹Rätikon-Flüah› sehe, geht mir das Herz richtig auf.» Durch ihre beruflichen Abstecher im Unterland habe sie erkannt, wie schön es im Tal überhaupt sei. «Du kannst stolz sein auf deine Wurzeln und deinen Dialekt und das gernhaben, was hier ist, aber auch einen Weitblick haben und die anderen Sachen sehen.» Ihr geholfen, mit sich ins Reine zu kommen, hat sicherlich die Reise durch Zentralamerika, bei der ihr die krassen Gegensätze aufgefallen sind. Dort habe sie, weil sie fliessend Spanisch spreche, auch gemerkt, dass die Freude am Geschichtenerzählen nie ganz aus ihrem Leben verschwinden wird. «Ich wurde so multimedial ausgebildet und es ist so einfach heute, dass ich dann begonnen habe, Leute vor Ort zu interviewen.» Ein paar dieser kurzen Videos hat Tanja Egli noch in der Pipeline. Ausserdem sei geplant, dass sie den Dialekt der nächsten Generation schmackhaft machen werde. «Ich habe den Ausdruck ‹Prettygau› sichern lassen und habe kürzlich angefangen, Prättigauer Ausdrücke in den sozialen Medien zu erklären.» Erste Videos davon findet ihr, wenn ihr den beigelegten QR-Code scannt.

https://www.instagram.com/prettygau_official/

Ch. Imhof