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Zizers
07.12.2024

«Stiftung Gott hilft» – aktuell und aktiv

Die Gesprächspartner – Daniel Wartenweiler und Bettina Bieler.
Die Gesprächspartner – Daniel Wartenweiler und Bettina Bieler. Bild: Peter Müller
Was vor über hundert Jahren in einem Hauseingang in Chur seinen Anfang nahm, ist heute eine breit aufgestellte Organisation. Die Stiftung Gott hilft richtet ihren Fokus weiterhin auf soziale Brennpunkte und bleibt ihrem christlichen Fundament treu.

Im Gespräch mit dem Gesamtleiter, Daniel Wartenweiler, und der Medienverantwortlichen, Bettina Bieler, wollte P&H erfahren, wo die Stiftung heute steht und wohin die Reise gehen soll.

Ein Blick zurück

Mitten im Ersten Weltkrieg entdeckte die Heilsarmeeoffizierin Babette Rupflin-Bernhard in einem düsteren Hauseingang in Chur eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter in grösster Verzweiflung. Aus dieser Not heraus gründeten Emil und Babette Rupflin das erste Kinderheim in Felsberg. Es kamen laufend weitere Heime dazu, bis sich daraus ein ganzes Netzwerk von Kinderheimen entwickelte, teilweise mit angegliederten Schul- und Landwirtschaftsbetrieben. 

Aufgrund des zunehmenden Mangels an professionellem Fachpersonal erfolgte Mitte der Sechzigerjahre die Gründung der Höheren Fachschule für Sozialpädagogik (HFS Zizers). Später erfolgte eine starke Diversifizierung der pädagogischen Arbeit mit ambulanten Angeboten. Dadurch wurde die Stiftung zu einer wichtigen Institution im Bereich der pädagogischen Arbeit – weit über ihre Grenzen hinaus.

Vor 20 Jahren leitete die Stiftung eine umfassende Neuausrichtung in eine moderne Sozialunternehmung ein. Die bisherige Lebens-, Glaubens- und Arbeitsgemeinschaft mit einem diakonischen Entlöhnungsmodell und lebenslänglicher Verpfründung der Mitarbeitenden wurde Geschichte. Die christliche Grundausrichtung, festgehalten in einer Charta, blieb jedoch unverändert. 

Mit der kritischen Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte der sozialpädagogischen Arbeit, welche jedoch dem damaligen gesellschaftlichen Verständnis entsprach, wurden schweizweit Massstäbe im Umgang mit der Vergangenheitsbewältigung gesetzt.

«Stiftung Gott hilft» – heute

Das Wirken der Stiftung in ihrem breitgefächerten Tätigkeitsgebiet beruht auf den im Laufe der Zeit gemachten Erfahrungen und der damit erlangten Professionalität. Grundlage für die Erfüllung des Auftrags sind die vier Dimensionen professionell, menschlich, spirituell und wirtschaftlich. Mit der ihr selbstverständlichen Offenheit gegenüber der Gesellschaft sind die Schwerpunkte der Stiftung im Dienst am Menschen und nicht in der Verkündigung anzusiedeln.

Der Umgang mit benachteiligten, notleidenden und verhaltensauffälligen Menschen steht im Zentrum des Engagements der Stiftung. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch das Engagement mit der Gründung eines Kinderhilfswerkes in Uganda zu betrachten. Dort übernahm die Stiftung einen sozialpädagogischen Auftrag für Aids- und Kriegswaisen und setzte dadurch die Tradition der Hilfe für benachteiligte Menschen fort. Dabei möchte die Stiftung ihre Ressourcen auch für Menschen in weniger privilegierten Ländern einsetzen.

Die Aktivitäten von «Gott hilft» umfassen den ganzen Bereich des Lebens. Mit dem Projekt «wellcome» besteht ein Unterstützungsangebot für Familien für die Zeit nach der Geburt eines Kindes. Am anderen Ende des Lebensbogens stehen die Alterswohnungen und das Alters- und Pflegeheim. Und dazwischen liegen Kita, vielfältige pädagogische Angebote im Kinder- und Jugendbereich, berufliche Integration, die sozialpädagogische Aus- und Weiterbildung und die Lebensberatung. Im Zentrum steht immer die Förderung von Ressourcen, sowohl bei Mitarbeitenden als auch bei den betreuten Personen, mit dem Ziel, dass das Leben gelingt. Die christliche Spiritualität wird dabei als eine Ressource gesehen, welche den Menschen Wert- und Sinnorientierung geben kann.

Gott hilft – breitgefächert. Bild: Peter Müller

Wo der Schuh drückt

Im Aufgabenspektrum der Stiftung wird insbesondere im Sonderschulbereich ein stetig wachsender Bedarf festgestellt. Wartenweiler weist darauf hin, dass das Modell der integrativen Schule an seine Grenzen stösst und nun nach neuen Lösungen gesucht werden müsse. Und wie überall bereitet auch bei «Gott hilft» der Fachkräftemangel Sorgen, wobei die Stiftung auf viele langjährige Mitarbeitende zählen darf.

Schliesslich steht die Frage der Finanzierung des breitgefächerten Angebots auch immer wieder im Fokus. Auch wenn insbesondere die meisten pädagogischen Betriebe durch die öffentliche Hand finanziert werden, so ist die Stiftung nach wie vor auf die grosszügige Unterstützung Privater angewiesen. So werden zum Beispiel «God Helps Uganda» oder das Projekt «wellcome – Hilfe nach der Geburt» vollumfänglich von Spenden finanziert. Wartenweiler betont: «Wir engagieren uns immer wieder für Menschen an sozialen Brennpunkten, auch wenn die Finanzierung nicht gesichert ist. Dies möchten wir weiterhin innovativ tun können.» 

Schritte in die Zukunft

Hoffnung ist bei der Stiftung Gott hilft nicht nur ein Prinzip, sondern eine zentrale Haltung. Vor dem Hintergrund wachsender Individualisierung und Vereinsamung sieht die Stiftung ihre Aufgabe vermehrt in der Förderung von Gemeinschaft. 

Ein geplanter Schwerpunkt für die Zukunft liegt in der Entwicklung von Lebensräumen. Geprüft wird etwa ein Generationenprojekt, das den bisherigen Tätigkeitsfeldern eine weitere Dimension hinzufügen und den Wirkungskreis der Stiftung sinnvoll ergänzen könnte. Bieler und Wartenweiler sind überzeugt, dass die Stiftung auf ihrer Geschichte aufbauen und so weiterhin einen positiven Unterschied machen kann – Schritt für Schritt, Tag für Tag.

Peter Müller