In Erinnerung blieben mir vom Film, aber nicht unbedingt die Erklärung der komplexen biologischen Vorgänge oder die Finanzierungsetappen, sondern eine Antwort vom Protagonisten auf eine Frage. Der Produzent des Streifens fragte den Jungunternehmer nämlich, was er für ein Chef sei. Während viele seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihn vor der Linse mit Lob überschütteten und ihn als legeren Typen beschrieben, wich er selbst der Frage fast ein wenig aus. Es schien ihm unangenehm zu sein, dass man ihn überhaupt als Chef bezeichnet und er sagte, dass er sich eher als leitender Mitarbeiter der Firma sehe, bei der es um ein höheres Ziel gehe und nicht um irgendwelche Ausübung von Macht. Diese Antwort lief mir noch lange nach, denn auch ich bin ein Mensch, der wenig von Titeln hält.
Redaktionsleiter statt Chefredaktor
Als ich vor über drei Jahren zur Zeitung kam, war dies für mich die Erfüllung des Traumes endlich vom Schreiben leben zu können. Dank meiner nie verwelkenden Liebe zur Sprache und ein paar guten Fügungen wurde ich als Redaktionsleiter der Zeitung gewählt. Dass ich dadurch eine enorme Verantwortung und zudem noch Mitarbeitende übernahm, war mir im ersten Augenblick nicht wirklich klar. Doch ich freundete mich immer mehr mit der neuen Rolle an. Denn ich sah sie nicht nur als Herausforderung oder Stressfabrikant neben dem Schreiben, sondern als Chance wirklich etwas Positives in Gang zu setzten. Negative Beispiele wie man eine Redaktion führt, hatte ich in den Jahren zuvor schon genügend erlebt, dass ich es als eminent empfand, nicht die gleichen Fehler, wie meine vorherigen Bosse zu machen. Viel zu oft habe ich nämlich erlebt, wie jungen Begeisterten innert wenigen Monaten die Freude am Journalismus geraubt und ihre Träume durch falsche Kommunikation mit Füssen getreten wurden. Schon von Anfang an mochte ich es deshalb nicht, wenn meine Mitarbeiter mich als Chef bezeichneten. Da dadurch immer wieder mal alte Erinnerungen aufpappten, die ich lieber vergessen wollte. Stets legte ich Wert darauf, dass in der Redaktion alle das gleiche Mitspracherecht haben und eine Kommunikation auf Augenhöhe gepflegt wurde. Auch wenn der Titel des Chefredaktors nach viel Prestige klingt, es bedeutet mir auch heute mehr, dass ich ein gutes Verhältnis mit meinen Mitarbeitern habe.
Positives zieht Positives an
Oft wird mir auch vorgeworfen, dass ich viel zu nett bin. Doch da habe ich es ähnlich wie Büne Huber, der mal als Gutmensch «beschimpft» wurde. Auch wenn er die Wortbedeutung – «Mensch, der sich in einer als unkritisch, übertrieben, nervtötend oder ähnlich empfundenen Weise im Sinne der Political Correctness verhält, sich für die Political Correctness einsetzt.» wohl in diesem Interview nicht gerade im Kopf hatte, bestand er darauf, dass er lieber mit «gut» als mit «schlecht» in Verbindung gebracht werden wolle. Schliesslich könne ja niemand allen Ernstes gerne als «Schlechtmensch» bezeichnet werden wollen. Dieses Interview hinterliess bei mir einen bleibenden Eindruck, denn auch ich bin der festen Überzeugung, dass man erntet, was man säht. Positives Wirken zieht somit positive Dinge an. Wer aber laut Hass verbreitet oder seine Macht in jeglicher erdenklichen Situation auf Kosten von seinen Untergebenen ausspielt, darf sich nicht wundern, dass es so zurückkommt, wie man es in den Wald hineinruft. Die grosse Chance, die ich durch den Job als Redaktionsleiter erhalten habe, ist neben dem Vermitteln einer Haltung auch das Wirken als Mentor. Dies beinhaltet für mich, meine Begeisterung für das Schreiben weiter zu geben und andere Personen zu motivieren, das Beste aus sich herauszuholen. Und dies geht definitiv besser mit Kommunikation auf Augenhöhe, als mit einem Vorschlaghammer.