Auch wenn er die Ruhe um sein wunderbar gelegenes Haus, die einzig von Hühnergackern oder dem Glockengebimmel seiner Geissen unterbrochen wird, sehr zu schätzen weiss, gibt es im Leben von Rosso noch eine andere, nicht gerade ruhige Passion, die sein Herz höherschlagen lässt. Die gerahmten Bilder von Rocklegenden an den Wänden oder auch die Biografien von Musikern auf den Regalen lassen es erahnen, dass der Seewiser mit Wurzeln im Aargau und Flumserberg, Musiker durch und durch ist. Sein Erweckungserlebnis habe er als Zehnjähriger 1977 gehabt als Elvis Presley gestorben sei. «Es war das erste Mal, dass ich am eigenen Leib spürte, dass Rock’n’Roll etwas Physisches, Messbares, Körperliches, allenfalls Verbotenes war. Mit der Kleiderbürste meiner Mutter hatte ich schnell ein Mikrophon zur Hand und so spielte ich zahlreiche Elvis Shows vor dem grossen Spiegel im Schlafzimmer meiner Eltern. Das Leben hatte eben begonnen.» Stilprägend sei dann in der Jugendzeit unter anderem Billy Idol für ihn gewesen. «Als Teenie waren mir dann natürlich auch die Mädchen wichtig. So wichtig, dass ich beinahe meine Prinzipien verraten hätte und drauf und dran war, ein braves, «geschnigeltes» Bürschchen zu werden. Mit dem Piaggio Töffli und weissen Rüebli Hosen versuchte ich zwischen Pragmatismus (Mädchen) und Aufrichtigkeit (Rock’n’Roll) zu bestehen, was früher oder später tendenziell und einvernehmlich zu Lasten der Mädchen ging. Als dann erstmals «Rebel Yell» im Radio lief, war es um Rosso geschehen. «Ich wusste plötzlich, weshalb ich wirklich auf diesem Planeten bin. Dieser Typ, dieser Song, diese Power! Rebel Yell war die kompromisslose Hymne meiner Jugend, dazu musste ich stehen. Später dann entdeckte ich die Ramones! Konsequenter, kompromissloser kann man Rock nicht spielen. Joey Ramone und seine Jungs waren das Beste, was mir in den kommenden Jahren passieren konnte. Der Sound, die Ästhetik, die Schnoddrigkeit und die Dringlichkeit, die Musik dorthin zurückzuholen, wo sie hingehört: Zu den Leuten, runter von den grossen Bühnen, hinein in die Clubs.» Als ich die E-Gitarre für mich entdeckte kamen natürlich auch die ganzen Helden aus den frühen 70ern dazu. Allen voran, war es Jimmy Page von Led Zeppelin, welcher mich regelrecht mit seiner Spielart in den Bann gezogen hat.
Die Hommage an Endo
Neben dem Hören von Musik hat Marcel Roth schon als Kind seine musikalische Begabung entdeckt. Ob am Klavier, an der Gitarre, am Bass oder als Sänger,- Rosso spielte in diversen Bands zwischen Bremgarten und dem Sarganserland. Bei den Robbsters, einer Party Coverband aus dem Heidiland, ist er auch heute noch aktiv unterwegs. Mal mit Band, mal solo und immer mehr auch als Singer Songwriter und Komponist seiner eigenen Mundartsongs. Auch wenn er in Seewis ein eingerichtetes Studio mit vielen Gitarren an den Wänden sein Eigen nennen darf, jede freie Minute verbringe er schon nicht mit musizieren. «Im Gegenteil, wenn ich nicht auf der Bühne oder am Schreiben bin, mach ich eigentlich kaum Musik. Ich bin meist lieber draussen im Garten oder bei den Geissen.» Erstmals einem grösseren Publikum ausserhalb der Region bekannt geworden ist der Name Rosso, als er ein Lied über den am 1. Februar 2022 verstorbenen Endo Anaconda geschrieben hat. Eigentlich sei er ja nicht der grösste Stiller Has-Fan überhaupt gewesen, doch die Tatsache, dass trotz diesem herben Verlust für die Schweizer Musikszene, kaum ein unmittelbares und würdiges Reagieren seitens SRF vernehmbar war, habe ihn etwas überrascht und enttäuscht. Der Tod des Berner Poeten habe ihn dazu gebracht, sich jetzt endlich mal etwas vertiefter mit dessen Werk auseinander zu setzten, worauf Roth bewusst wurde, wie wortgewaltig, stürmisch und frech Anaconda als Sänger getextet habe. Als Rosso dann den Song «Flückiger» (so hiess Anaconda mit bürgerlichem Namen) anlässlich des ersten Todestages ins Internet stellte, lief es plötzlich wie am Schnürchen. Die Medien wurden auf den Musiker aufmerksam und so schaffte es Rosso mit seinem Song sogar in eine Spezialsendung von SRF3. So kam es dann auch zu einer Anfrage von Christoph Müller, dem Manager von Stiller Has. Die Gedenkveranstaltung «Tschou Endo» werde nach dem Grosserfolg der ersten Ausgabe erneut durchgeführt und die Verantwortlichen wollen dieses Mal aber auch ihn mit dabei haben.
«Flückiger» und «Tschou Endo»
Da liess sich Rosso nicht zwei Mal bitten und sagte sofort bei den drei Konzerten zu. Inzwischen hat Rosso einen weiteren Song zu Ehren von Endo geschrieben. Entsprechend zur Veranstaltung, schrieb er kurzer Hand eine Piano Ballade mit dem Titel «Tschou Endo». Am 22. und 23. Februar tritt Rosso nun in der Mühle Hunziken und am 24. Februar im Mauz Music Club in Einsiedeln auf. Während «Tschou Endo» am Piano einfach vorzutragen sei, habe ihn sein «Flückiger» vor eine grosse Herausforderung gestellt. «Den Song hab ich ja im Studio mit mehreren Gitarren, Keyboard und 2 stimmigem Gesang aufgenommen, so musste ich mir überlegen, wie ich den Song live mit Gitarre arrangieren und performen kann. Ich habe mich dann für eine bluesige Mischung aus Poetry und Rap entschieden, bei der auch noch ein Schuss Kashmir dazu kommt. Ich finde, es passt eigentlich ganz wunderbar zu Stiller Has.» Weitere Informationen und die Songs seines aktuellen Albums «Gold und Silber» finden Sie unter www.rosso-music.ch