Die Trauerfamilie hatte in einem langen Lebenslauf viel über sein Leben geschrieben. Sein Wirken in der Öffentlichkeit rückte wegen seines fortgeschrittenen Alters aber etwas in den Hintergrund. An dieser Stelle darf dies einer breiteren Öffentlichkeit in Erinnerung gerufen werden.
Gemeindepräsident, Landammann und Grossrat
In der langjährigen politischen Laufbahn bewirkte Konrad Flütsch viel Gutes und Nachhaltiges für die Talschaft St. Antönien. Schon in jungen Jahren wurden ihm Aufgaben in öffentlichen Ämtern anvertraut. Er wurde Präsident der seinerzeitigen Gemeinde Castels. Per 1.1.1979 trat die Fusion mit der Gemeinde Rüti zur neuen Gemeinde St. Antönien in Kraft, wo er auch deren Präsident wurde. In seine Amtszeit fiel 1984 die positive Abstimmung der St. Antönier Bevölkerung zur Durchführung der Gesamtmelioration. Von 1973 bis 1977 war Konrad Flütsch stellvertretender Kreisnotar und 1978 wurde er zum Landammann des Kreises Luzein gewählt. Mit diesem Amt vertrat er während zwei Amtsperioden den Kreis Luzein als Grossratsmitglied im Kantonsparlament und konnte so wertvolle Kontakte zur Kantonsregierung, nicht zuletzt auch zu den kantonalen Ämtern knüpfen.
Alpmelioration St. Antönien
Auch um das Alpwesen in der Gemeinde St. Antönien hat er sich grosse Verdienste gemacht. Anfangs der 1980er Jahre wurde die Alpgenossenschaft St. Antönien gegründet. Ihr Ziel war die rationelle Bewirtschaftung der vier Alpen Partnun, Gafia, Meierhofer Älpli und Spitzi und der Neubau einer modernen Sennerei auf dem Partnun-Stafel. In Zusammenarbeit mit dem damaligen Ingenieurbüro Jürg Schmid gelang es Konrad Flütsch, eine Geldgeberin zu finden, es war die Gemeinde Meilen am Zürichsee und ohne diese grosszügige finanzielle Unterstützung wäre der Neubau ernsthaft in Frage gestellt gewesen. Nach unzähligen Sitzungen der Alpgenossenschafter, konnte im Sommer 1983 mit dem Bau des Alpgebäudes begonnen werden und im darauf folgenden Sommer konnte die Alp-Sennerei Partnun in Betrieb genommen werden.
Präsident des Kur- und Verkehrsvereins St. Antönien
Kondi war auch Vorstandsmitglied und später Präsident des Kur- und Verkehrsvereins St. Antönien und wurde dank seinen Verdiensten um den Tourismus zum Ehrenmitglied ernannt. Im Kurvereinsprospekt aus jener Zeit wurde das Tal St. Antönien nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Französisch, Englisch und Holländisch vorgestellt. Wie aus den Protokollen hervorgeht, gab der Tourismus schon damals viel zu tun. Ein Thema, das ihm immer am Herzen lag, war der Unterhalt des grossen Wanderwegnetzes.
Mitglied im Initiativkomitee zur Gründung der Skilift Junker AG
Der Skilift auf der Aschariner Seite musste der neuen Strassenführung weichen. Es wurde ein Initiativ-Komitee gegründet, mit dem Ziel, eine Skiliftanlage auf der Castelser Seite zu bauen. Mit einem Schreiben aus dem Jahr 1972 haben die Initianten Konrad Flütsch-Gansner, Christian Thöny-Meng und Peter Flütsch-Jenny die Bevölkerung zur Zeichnung von Aktien der Skilift Junker AG, St. Antönien, eingeladen. Nachdem das Komitee die Durchleitungsrechte der Grundeigentümer beisammen hatte und die Finanzierung der Liftanlage durch eine erforderliche Aufstockung des Aktienkapitals gesichert war, konnte mit dem Bau der Sockel für die Stützmasten begonnen werden. Die Baufirma Bordoli aus Jenaz hatte mit diesen Arbeiten im Sommer 1974 begonnen. Zum Glück waren die Sockel noch vor dem frühen Winteranfang fertiggestellt. Denn am 24. September schneite es ein. An einer Sitzung der Initianten wurde dann besprochen, wie die Masten am besten gestellt werden könnten. Es war die Rede davon, sie mit Pferden an Ort zu ziehen und dann mit Kranen und Habegger aufzustellen. Glücklicherweise hat Kondi aus der Presse oder dem Radio davon erfahren, dass im Engadin die Masten für einen Skilift mit dem Helikopter gestellt wurden. Man habe sich dann dort sofort erkundigt, und so kam es, dass die Masten auch für den Skilift Junker mit dem Heli geflogen und dann von den Mitarbeitern in die aus den Sockeln herausragenden dicken Schrauben eingepasst werden konnten. Alle 15 Masten seien am 20. November 1974 in nur 92 Minuten aufgestellt worden. Der Skilift Junker wurde am 27. Dezember vom zuständigen kantonalen Amt abgenommen und in Betrieb gesetzt. In den letzten Jahren wurde Kondi einmal gefragt, was denn seine Motivation gewesen sei, so viele Ämter im Tal auszuüben. Seine Antwort war kurz und zutreffend: «Verbesserungen für die Bevölkerung im Tal».
Passionierter Schütze
Kondi war auch Mitglied des im Jahr 1901 gegründeten Militärschützenvereins. Im März 1972 wurde beschlossen, den Pistolenverein (später Pistolenclub) vom Militärschützenverein zu trennen. Ein Foto aus dem Jahr 1975 zeigt die stolze Mannschaft, in welcher auch Kondi mit Hut dabei ist, auf dem Holzboden mit der Calven-Standarte, die der Verein zum ersten Mal in Ilanz gewonnen hatte. Im Jahr 2007, d.h. als 80-jähriger, wurde ihm die Urkunde als eidgenössischer Schützenveteran überreicht. Eine Ehre, die nur wenigen zuteil wird.
Ehrenmitglied der Kulturgruppe St. Antönien
Als Anerkennung für seine grossen Verdienste in und für St. Antönien wurde Kondi an der Generalversammlung 2021 die Ehrenmitgliedschaft der Kulturgruppe St. Antönien verliehen. Das war auch der Start seiner ihm gewidmeten Ausstellung, die im Juni begann und im Oktober endete. Die Künstlerin Monika Flütsch-Gloor hat den Museumsraum liebevoll und professionell gestaltet. Man fühlte sich wie in einer grossen Stube. Und Kondi sass mitten drin und erzählte den Besucherinnen und Besuchern aus seinem bewegten Leben, das unter anderem auch von leidvollen Lawinenereignissen geprägt war. Darüber hinaus waren es die Erzählungen über die Schmuggler und wie er seinerzeit selbst riskante Geschäfte damit einging. Als 94-Jähriger durfte er noch zu Lebzeiten in würdigem Rahmen geehrt werden.
Teilnahme an der Einweihung des «Laubänähus» am 17. Dezember 2022
Noch vor einem Jahr, anlässlich der Einweihung des neuen «Laubänähus», wandte sich Kondi an die vielen Besucher:innen. In ergreifenden Worten erzählte er vom tragischen Lawinenunglück von 1935, als die vierköpfige Familie seines Onkels im Haus Enzian am späteren Nachmittag von der Lawine überrascht wurde und dabei den Tod fand. «Dieses erschütternde Ereignis habe ihn das ganze Leben hindurch verfolgt». Es war deshalb nicht verwunderlich, dass ihn das Thema Lawinen nie mehr losliess und er an verschiedensten Anlässen davon erzählte und die Leute hörten immer gerne und gespannt zu.
Freundschaftliche Beziehungen zum Montafon
Kondi pflegte bis zum Schluss auch freundschaftliche Kontakte zum Montafon. Die Geschichte der Walser ennet der Grenze, aber auch all die Schmuggler-Geschichten interessierten ihn sehr. In Gargellen traf er jeweils Friedrich Juen, der aus einer kleinen Schmuggler-Dynastie stammt. Wie es heisst, war sein Grossonkel, Meinrad Juen, ein besonders schlauer und erfahrener Schmuggler, der später auch Menschen vor dem Nazi-Regime zur Flucht in die sichere Schweiz verhalf.
Seine Publikationen als wertvolles Vermächtnis für St. Antönien
Im Jahr 1993 hatte Kondi im Auftrag des damaligen Kirchgemeindevorstandes, eine umfangreiche Gedenkschrift zum 500-jährigen Bestehen der Kirche von St. Antönien 1493 – 1993 verfasst. Von 1981 bis 2007 hat er auch über die Ereignisse in der Talschaft zuhanden der Prättigauer Talchronik geschrieben. 2012 wurde sein «St. Antönier Flurnamenbuch» herausgegeben und im Jahr 2021 erschien zudem sein grossformatiges und 208 Seiten starkes Buch «Die Walser im St. Antöniertal». Dieses enthält sowohl Auszüge aus der Ruosch- als auch der Engel-Chronik. Mit diesen Publikationen bleiben der Nachwelt wertvolle Informationen erhalten, für die ihm die St. Antönier für immer dankbar verbunden sind und sein werden.