Als Kind habe ich oft davon geträumt, irgendwann mal ein berühmter Musiker zu werden. Aus diesem Grund habe ich praktisch alle Texte, die ich jemals geschrieben habe, archiviert. Denn ich hatte den etwas wirren Gedanken, dass wenn ich dann mal in einer Liga mit Gotthard und Züri West spielen würde, sicher grosses Interesse an den Originaldokumenten bestehen würde und die dann auch für einen guten Zweck gestiftet werden könnten. Wie wir heute ja wissen, ist mir der grosse Durchbruch, vielleicht sogar glücklicherweise, nie gelungen. Nun habe ich nicht nur bündelweise Flyer und Plakate von Konzerten, sondern eben auch die Textesammlung. Und ich musste schon lachen, wenn ich meine ungelenken Englischtexte überflog. Dabei wurde mir relativ schnell klar, warum es eben nie ganz gereicht hat. Zum Teil hatte es noch Gedichte über Ex-Freundinnen, an Plagiat grenzende Fingerübungen und amüsante Sozialkritik, die bis ins Jahr 2005 zurückdatiert werden kann. Ich krümmte mich schier vor Lachen, als ich ein Gedicht zitierte, bei dem ich die Welt mit einer Pizza verglich. Ich dachte in meinem jugendlichen Wahn, dass dies ziemlich schlüssig wäre, da Tomatensauce und Blut recht nahe beieinander liegen und auch das mit den Schnitten, die wir der Erde hinzufügen, noch logisch erschien. Dieser und viele andere gesammelte «Werke» haben mir gezeigt, dass Schreiben eine ewige fortdauernde Entwicklung ist und dass es wichtig ist, ständig am Ball zu bleiben. Als ich mich dann schlussendlich von meinem Archiv getrennt habe, war ich froh, dass ich oft auf mein Bauchgefühl gehört habe und nicht jede aufgeschriebene Schnapsidee in der Öffentlichkeit gelandet ist.
Kultur
07.01.2024
Laut gedacht: Poetische Altlasten

Bild:
Christian Imhof
Kürzlich richteten wir als Familie das zweite Kinderzimmer ein. Um Platz zu schaffen, mussten natürlich auch einige Dinge ausgeräumt und entsorgt werden. Neben ein paar Büchern und CDs, die ins Brockenhaus wanderten, fiel mir ein grosser Stapel mit alten Gedichten und Liedtexten in die Hände, die mich in Nostalgie schwelgen liessen und gleichzeitig ziemlich zum Lachen brachten.