Eine doch recht zahlreiche Zuhörerschar fand sich zur Buchvernissage mit Jörg Rutz ein. Sein Kriminalroman, erschienen im Qultur-Verlag, wurde hier vorgestellt. Allerdings ist dies lediglich der erste Teil des Gesamtwerks. Der Folgeteil, unter dem Titel "Dunkle Zeiten – Dammbruch" soll demnächst erscheinen.
Von der Normandie ins Bündnerland
Bevor der einheimische Buchautor aus seinem 2. Werk vorlas, erläuterte er, was ihn bewog gerade diese Geschichte zu schreiben. Bei einer Reise in die Normandie war er beeindruckt von der Allgegenwärtigkeit des 2. Weltkriegs in dieser Gegend. Manchmal komme es einem vor, als sei dieser Krieg eben erst beendet worden, denn dieses Thema sei stets noch aktuell bei der lokalen Bevölkerung. Und besonders nachdenklich machte ihn ein Besuch auf einem deutschen Soldatenfriedhof – tausende Gräber mit Kreuzen und Grabtafeln erinnern an die Grausamkeiten dieses Krieges. Und da es gemäss seinen Recherchen auch mehr als 800 Schweizer gab, welche in der deutschen Wehrmacht dienten, darunter eben auch Bündner, reifte die Idee, diese Informationen und Erkenntnisse in einen Kriminalroman zu übertragen.
Unweit des Bündnerlands spielten sich am Rhein tragische Szenen ab, insbesondere als in der Schweiz eine Grenzschliessung für Juden verfügt wurde und so diese Ethnie dem bekannten Schicksal im damaligen Deutschland überlassen wurde. Eine bedeutende Rolle bei der Recherche zu seinem Roman spielte die Geschichte um den Polizeibeamten und leitenden Grenzbeamten Paul Grüninger, welcher unzähligen Flüchtlingen zu einer Aufnahme in der Schweiz verhalf.
Inspiration auf dem Spaziergang
Der Autor Jörg Rutz ist gelernter Betriebswirtschafter und lebt mit seiner Frau und vier Kindern in Landquart. Zudem schreibt er Sportberichte für den Unihockeyverein Alligator Malans. An der Buchvernissage in Maienfeld war die Frage des Verlegers, Christian Imhof, deshalb nicht ganz unberechtigt, wo er denn im ausgefüllten Alltag noch Zeit findet um Kriminalromane zu schreiben. Seine Mittagsspaziergänge nutzt Rutz um Ideen zu sammeln und als Frühaufsteher schreibt er die Texte in, wie er sagt etwas chaotischer Form nieder. Kommt hinzu, dass er sich Zeit lässt beim Bücherschreiben. So hat er sich für seine jüngste Veröffentlichung rund vier Jahre Zeit gelassen, hat den Text mehrmals umgeschrieben und auch der Buchtitel stand nicht von Anfang an fest. Immer wieder fügten sich Puzzleteile ein, bis ein ziemlich umfangreicher Roman entstand. Und eigentlich ist die Geschichte ja doppelt so lang, als sie nun in Buchform als erster Teil vorliegt. Diese Geschichte ist in sich geschlossen, macht aber neugierig auf den nachfolgenden Teil, welcher dann das Ganze abrunden soll.
Zwischen Fantasie und Wirklichkeit
In den Kurzinterviews zwischen den Lesungen von Ausschnitten aus dem Buch erzählt Jörg Rutz, wie er versucht sich in die Rollen der Protagonisten in seinen Romanen hineinzudenken. Diese Personen hat der Autor so in seine Gedanken eingewoben, dass er sie vor seinem geistigen Auge erkennt und dann in die Geschichte hineinholt. Und seine Romane sind so geschrieben, dass die Personen zwischendurch verschwinden, in anderen Szenen wieder auftauchen. Jörg Rutz kombiniert Geschichte und Aktualität in gekonnter Manier, wobei ihm die Nähe zur Wirklichkeit und die Authentizität sehr wichtig sind. Er will keine Fantasieromane schreiben und beim Lesen ist man oft geneigt, sich an ganz ähnliche Fälle und Situationen zu erinnern – und dennoch sind die Geschichten erfunden und sind lediglich im Kopf von Rutz entstanden.
Im Gegensatz zu seinem Erstlingswerk, "Tatort Madast – dunkle Schatten über der Bündner Herrschaft", kommt dieses Buch nur mit wenigen Dialekt-Passagen aus. Dies ist nicht zuletzt den unterschiedlichen Orten der Handlung geschuldet, indem die unterschiedlichen Mundarten einen Text schwer lesbar machen würden.
Bei der Frage, ob einer seiner Krimis als Vorlage für ein Theaterstück dienen könnte, winkt Jörg Rutz schnell ab. Eine seiner weiteren Leidenschaften sei schon auch das Theaterspielen, aber ausschliesslich Komödien – und seine Kriminalgeschichten kann er sich nun wirklich nicht im komödiantischen Stil vorstellen. Aber immerhin erlaubt ihm das Schreiben von Romanen ein Ausbrechen aus dem Alltag und sein Ziel ist es, bei der Leserschaft Interesse zu wecken, Lokalkolorit zu verbreiten und nicht zuletzt auch ein gewisses Mass an Lesespass zu ermöglichen.
Maienfeld
09.09.2023
Zwischen Fantasie und Wirklichkeit
Bild:
Peter Müller
Dunkle Zeiten – der Verrat, so lautet der Titel des zweiten Kriminalromans von Jörg Rutz, welcher am vergangenen Donnerstagabend im Klostertorkel in Maienfeld vorgestellt wurde.