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Laut gedacht: Was verdienst du?

Bild: Claudio Schwarz Unsplash
Am Donnerstagabend kam auf RTL ein «Spiegel-Spezial» unter dem Motto «Was verdienst du?». Diese Dokumentation oder das Lohn-Experiment wie es vom Sender angekündigt worden ist, nahm dabei Gehälter unter die Lupe und wolle so für mehr Transparenz und Fairness sorgen. Bei mir verursachte diese Transparenz aber vor allem eines: Einen schalen Beigeschmack.

Ich bin ein Mensch, der mit seinem Lohn immer sehr offen umgegangen ist. Dies hat einerseits damit zu tun, dass ich eher ein Buchstaben- statt Zahlenmensch bin, zum anderen sind mir emotionale Dinge wichtiger als das Anhäufen von Statussymbolen und Geld. Es gab Zeiten nach der Lehre im Detailhandel, in denen ich sehr wenig verdient habe und es gab Monate in denen ich als freischaffender Journalist und Musiker auf ein gutes Sümmchen gekommen bin. Irgendwie ist es immer aufgegangen und wenn ich zurückblicke, gibt es wenige Dinge, die ich heute anders machen würde. Zudem muss ich erwähnen, dass Geld alleine einfach nicht glücklich macht.

Neid ist ungesund
Ich weiss noch, wie das Wissen über die Löhne meiner Mitarbeiter im Migros damals, mir die Freude an der Arbeit nahm und der Neid meine Gedanken immer mehr vernebelte. Statt mich auf meine Weiterentwicklung zu fokussieren, begann ich leider damit die Fehler der anderen zu suchen und merkte nicht, wie meine negativen Gedanken mir eine Tür nach der anderen schloss. Ich will jetzt nicht zu weit ausholen und irgendwas von Karma aufschreiben. Doch das offene Kommunizieren der Gehälter und das gegenseitige Messen unter Arbeitskollegen hat mich in dieser Phase meines Lebens behindert und verbittert gemacht. Es gibt in solchen Fällen eigentlich nur Verlierer. Denn die Person, die mehr verdient für die gleiche Arbeit, wird arrogant. Die Arbeitnehmer:innen auf der anderen Seite fühlen sich schlecht, da sie vielleicht einfach schlecht verhandelt haben. Zusätzlich gesellen sich dazu noch Zweifel über die Qualität der eigenen Arbeit und zack, ist man in einem Teufelskreis aus Missgunst gefangen.

Beruf als Berufung

Wenn ich heute positive Rückmeldungen aus der Leserschaft erhalte, bin ich immer noch ein bisschen überrumpelt, da ich im Verkauf eher selten mit Lob eingedeckt wurde. Ich reagiere dann häufig mit einem witzigen Spruch, dass ich eben nur Schreiben und sonst nicht viel kann, was für Lacher sorgt, aber auch einen gewissen Wahrheitsgehalt in sich trägt. Ich habe das grosse Glück, dass mein Hobby inzwischen mein Beruf ist und ich in meiner Tätigkeit meine Berufung gefunden habe. Aus diesem Grund regen mich Vergleiche von Gehältern inzwischen ziemlich auf, denn sie sind nicht wirklich repräsentativ. Warum legen die Verantwortlichen einer solchen Sendung nicht den Fokus stärker auf das Wohlbefinden der Arbeitenden? Auch wenn viele der Gäste ihren Berufen aus Überzeugung und nicht aus rein kapitalistischer Motivation nachgehen, gibt es doch noch sehr viele Personen da draussen, die ihre Berufung noch nicht gefunden haben oder ihr aus familiären Gründen nicht Folge leisten können. Und genau bei dieser Gruppe Menschen erzeugt ein Prallen mit Löhnen oder auch das Aufzeigen der immensen Unterschiede Neid. Zahlen und Umsätze sind schön und gut, doch was wirklich zählt ist die Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Darum hätte ich mir doch lieber eine Sendung unter dem Motto «Wie glücklich bist du mit deinem Job?» gewünscht.

Christian Imhof