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Auto & Mobil
22.03.2023

Die Blackbox für das Auto

Die Blackbox fürs Auto.
Die Blackbox fürs Auto. Bild: zVg
Den Begriff «Blackbox» ­kennen Sie sicherlich aus der Luftfahrt. Bei einem Flugzeugabsturz wird jeweils nach dieser Blackbox gesucht, ­welche aber eben nicht schwarz, sondern leuchtend orange und mit einem Sender ausgestattet ist. Aber was hat nun eine Blackbox mit dem Auto zu tun?

Unter dem sperrigen Namen «Verordnung über die Typen-Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge im Hinblick auf ihre allgemeine Sicherheit und den Schutz der Fahrzeuginsassen und von ungeschützten Verkehrsteilnehmern» ist bereits seit Ende 2019 eine EU-Massnahme in Kraft und gilt seit dem 6. Juli 2022 auch in der Schweiz für alle in der EU typengenehmigten Autos.

Zu diesem Thema führte ich mit Andri Zisler, Mitglied des Zentralvorstands des Auto-Gewerbe-Verbandes Schweiz AVGS, ein Gespräch.

Was ist neu

Wie aus dem Inhalt der Verordnung hervorgeht, sind Autos, welche seit Mitte letzten Jahres eine Typenzulassung erhalten haben, bereits mit einer Blackbox ausgerüstet. Autos, welche ab Anfang 2024 zum ersten Mal in Verkehr gesetzt werden, müssen mit einem System ausgerüstet sein. Und alle Fahrzeuge, welche bereits in Betrieb sind, brauchen keine Nachrüstung.

Schon heute sammeln die Autos Daten im Zusammenhang mit dem Unterhalt, welche beim Service in der Garage durch den Automechaniker ausgelesen werden. So hat sich gemäss Aussage von Andri Zisler das Berufsbild des Automechanikers stark verändert und wurde durch den Bereich Diagnostik erweitert.

Bereits heute können bei einem Unfall aufgezeichnete Daten ausgewertet werden. Neu ist, dass diese Datenmenge nun erweitert und klar definiert ist. Auf den Geräten werden Daten ab fünf Sekunden vor einem Unfall bis zum Ereig-nisende gespeichert. Ohne Unfall werden die Daten jeweils überschrieben. Die sogenannte Blackbox wird künftig Geschwindigkeit, Beschleunigung und andere Fahrzeugfunktionen wie Airbags, Licht und Blinker aufzeichnen. Die Daten verbleiben dabei im Fahrzeug selbst und sind ausschliesslich den Untersuchungsbehörden zugänglich. Und bei einem Unfall bedarf es eines richterlichen Entscheides, damit diese Daten in einer Untersuchung verwertet werden dürfen.

Allerdings muss auch klar erwähnt werden, dass Autohersteller über bereits installierte Systeme Daten konsequent abrufen, um in Design und Fahrzeugbau Optimierungen vornehmen zu können.

Auswirkungen auf die Garagenbetriebe

Grundsätzlich hat die neue Verordnung für Garagenbetriebe keine direkten Auswirkungen. Andri Zisler sieht als einzige Konsequenz eine klare Kommunikation und Information der Kunden beim Kauf eines Neuwagens.

Von den zusätzlich aufgezeichneten Fahrzeugparametern können die Garagen nicht profitieren, aber es entstehen auch keine neuen Verpflichtungen, da die Bereitstellung der Daten im Ereignisfall durch die Autohersteller gewährleistet werden muss. Auch bezüglich Unterhalt wird dieses neue Gerät keine zusätzlichen Möglichkeiten für das Garagenpersonal bieten.

Offene Fragen

Bei diesem Thema kommt die Frage nach dem Datenschutz auf, und diesbezüglich sensible Personen wittern bereits den Überwachungsstaat hinter diesen neuen Anforderungen. Allerdings sind es oft auch dieselben Personen, welche sich ungehemmt über diverse Kanäle sozial vernetzen, online einkaufen und auch sonst die neuen Möglichkeiten in den Netzwerken überproportional nutzen. Hierzu muss nochmals festgehalten werden, dass solche Daten erst dann zur Auswertung gelangen, wenn eine richterliche Genehmigung vorliegt.

Eine noch offene Frage ist die Aufzeichnung resp. erforderliche Löschung von Daten beim Wiederverkauf von Autos. Aber dies spielt, infolge der beschränkten Aufzeichnungsdauer, eine eher untergeordnete Rolle.

Vielmehr steht die Frage im Raum, wie Versicherer mit diesen neuen Aspekten umgehen werden. Bis jetzt kennen wir mögliche Prämienverbilligungen beim Vorhandensein solcher Geräte im Auto. Wenn aber bei einer Untersuchung Daten aus der Blackbox einen Unfallverursacher belasten, stellt sich natürlich die Frage, ob aufgrund solcher Daten Versicherungsleistungen reduziert oder schlimmstenfalls gar verweigert werden können. Die Zeit und künftige Erfahrungen werden zeigen, in welche Richtung die Reise geht.

Peter Müller