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Leserbrief
Leserbriefe
19.09.2022

Zynischer Journalismus – zum Geier damit!

Bild: unsplash
Ein Leserbrief von Annette Vieli, Vals

Gänsegeier sind Aasfresser. Je zahlreicher sie werden, je mehr Aas braucht es. Das Liegenlassen von toten Tieren und Menschen in der Natur ist verboten. Gibt es kein Aas, stürzen sie sich nicht in den Tod, sondern fressen das Nächstbeste. Diese Tatsache ist nicht nur logisch, sondern in unserem Nachbarland Frankreich längst bekannt. Eine Tatsache, für den einen neu, für den andern historisch überliefert, die man einfach anerkennen könnte. In der Natur zählt nämlich nur das Überleben.

Statt mit Interesse zu reagieren, agieren bestimmte Ornithologen lieber als Hobbypsychologen oder Disney-Filmkritiker, wie es im NZZ-Artikel «Der Gänsegeier frisst in Graubünden an einem Kalb» vom 15. September 2022 nachzulesen ist. Die Aussage, dass ein Geier ein Kalb nicht getötet hat, wenn er es bis in den Mastdarm hinein ausgefressen hat, bevor es tot war, passt weiter ins Bild der Lächerlichkeiten. Wir befinden uns doch nicht in einem Indizienprozess, wie es der Journalist polemisch heraufzubeschwören versucht!

Zum Glück ist der befragte kantonale Beauftragte im erwähnten Artikel nüchternerer Natur. Ein Mann, der weiss, dass das Leben mit der Natur ein tägliches Ringen zwischen Schützen und Nützen ist. Denn letztlich geht es auch bei der menschlichen Natur nur ums Überleben.

Das mittlerweile moderne Geringwertigerklären der Bergbauern und ihrer Nutztiere ist eine Hexenjagd. Die Natur unterscheidet nicht zwischen Natur- und Kulturtieren. Die Tiere auf den Alpen und Weiden haben in einem funktionierenden Ökosystem bei der Nutzung von kohlestoffspeicherndem Grünland und dem Erhalt von Biodiversitätsförderflächen genauso ihre Aufgabe wie beim Erhalt der Ernährungssouveränität. Wohingegen sich die Abwesenheit räuberischer Grossraubtiere und Aasfresser im alpinen Raum der letzten Jahrzehnte nicht als einschneidender Verlust erwiesen hat. Was soll unser Vermächtnis an die nächste Generation sein? Ich meine weder Agrarwüste noch Wildnis, sondern die wichtige Erkenntnis, dass Verhältnismässigkeit etwas vom Wichtigsten im Leben ist.

Annette Vieli