In Graubünden gehen je länger je mehr Wölfe um. Im letzten Jahr wurden über 50 genetisch identifizierte Tiere gezählt. Laut Jahresbericht des Amts für Jagd und Fischerei GR (AJF) leben auf Kantonsgebiet sieben Wolfsrudel. Je ein Wolfspaar im Raum Jenaz/Furna/Fideris und Klosters könnte schon bald Junge bekommen. Im Hinblick auf die kommende Heimweid- und Alpzeit bereitet die Präsenz der Grossraubtiere grösste Sorgen. Auch in der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung nimmt die Unsicherheit zu. So fragt sich manch ein Jäger, ob das Leben seines Schweisshundes bei der Arbeit noch sicher ist, und nicht wenige Hundehalter führen ihren treuen Begleiter vor allem in der dunklen Jahreszeit mit gemischten Gefühlen Gassi. «Der Wolf ist da. Es stellt sich die Frage: Was müssen wir uns von ihm gefallen lassen und was nicht?», so Valentin Luzi, Leiter Abteilung Agrarmassnahmen beim Amt für Landwirtschaft Graubünden (ALG) in Pension und Grossratskandidat «die Mitte» im Wahlkreis Jenaz in seiner Begrüssung zum öffentlichen Informationsabend.
«Wölfe gibt es in ganz Graubünden. Die halbe Wolfspopulation der Schweiz lebt in unserem Kanton. Und sie verdoppelt sich alle zwei bis drei Jahre», stellte Adrian Arquint, Leiter AJF, fest. «Leider hat die Gesetzgebung mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten.» Laut Statistik des AJF mussten im letzten Jahr an die 250 Nutztierrisse zur Kenntnis genommen werden. Dazu kommen verletzte, notgetötete Tiere. «Sorge bereitet uns, dass der Wolf gelernt hat, die Herdenschutzmassnahmen zu überwinden und sein antrainiertes Verhalten an die Nachkommen weitergibt», so Arquint. Sein Amt ist für die Beobachtung und das Management der Grossraubtiere, aber auch für die Entschädigung und Beurteilung von Rissen zuständig. Allein die GPS-Besenderung eines auffälligen Wolfes koste 3500 Franken. Das ganze Monitoring für ein einziges Tier belaufe sich auf rund 30 000 Franken.
Wolfspaar Raum Jenaz
Wildhüter Andrea (Billy) Bebi, im Jagdbezirk XI zuständig für die linke Talseite des Prättigaus von Conters bis Valzeina sowie die Trimmiser Alpen, hielt Informationen zum Wolfspaar parat, welches seit 2020 im Raum Jenaz/Furna/Fideris lebt. Wie er anhand der Karte aufzeigte, erstreckt sich das Streifgebiet der Wölfe M162 und F64 von Grüsch über Valzeina bis zum Hochwang, in die Heuberge und weiter fast bis Serneus. Der jüngste, durch die Fotofalle in Furna festgehaltene Nachweis, datiert vom 3. April 2022, 22 Uhr. «Die Wölfe legen in einer Nacht problemlos bis zu 50 Kilometer zurück. Ab dem frühen Morgen halten sie sich in ihrem Tageslager auf – meistens im Furnertobel», wusste Billy Bebi zu berichten. Ob die beiden Tiere in diesem Frühjahr Nachwuchs erwarteten, lasse sich noch nicht sagen. «Wenn es Junge gibt, werden diese etwa im Mai zur Welt kommen. Feststellen lässt sich dies Ende Juli/Anfang August.» Ein erster Wurf zähle in der Regel bis vier Junge, wobei nicht alle überleben würden, so der Wildhüter. Erwiesenermassen auf das Konto des Wolfsrüden M162 geht ein Schafriss in Furna im Herbst 2020. Wer für den Tod von Zwillingskälbern während der Alpung gleichen Jahres verantwortlich gewesen sei, habe nicht mehr festgestellt werden können.