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Roland Steffen und das hübsche Prättigau

Roland Steffens Dokureihe «Mein hübsches Prättigau» erfreut sich grosser Beliebtheit.
Roland Steffens Dokureihe «Mein hübsches Prättigau» erfreut sich grosser Beliebtheit. Bild: Dionysius Hungerbühler
Die Dokumentarfilmreihe «Mein hübsches Prättigau» über die Menschen und das Leben im Tal geniesst in den sozialen Medien grosse Popularität. Dies, weil Roland Steffen es immer wieder schafft, die Menschen authentisch und natürlich einzufangen. Es scheint fast ein wenig so, dass der Unterländer einen ganz eigenen Zugang zu den Menschen hier gefunden hat.

Roland Steffen und seine Frau Silvana haben sich mit Pany einen malerischen Ort ausgesucht für ihre «Frühpensionierung». Ihre Wohnung im 2013 erbauten Haus besitzt grosse Fenster, wird ideal von wärmenden Sonnenstrahlen durchflutet, was sicher die Stromkosten tief und die Laune hoch hält. Neben Fotografien von wilden, afrikanischen Tieren hängen bei den Steffens auch diverse Prättigauer Kunstwerke an den Wänden. Obwohl ihre Wohnung sehr modern eingerichtet ist, erhält sie durch Holzelemente einen herrlich urchigen und heimeligen Charakter, der zum Verweilen einlädt.

Dank der Pandemie früher in Pany

Sein Dialekt verrät es sofort, Roland kommt nicht aus dem Prättigau und doch hat er sich in das Tal verliebt. «Wir haben in Stäfa am Zürichsee ein Haus gebaut und dort drin fast 20 Jahre gelebt. Eher zufällig sind wir vor einigen Jahren mal im Prättigau in den Ferien gewesen. Wir haben in Jenaz in einem «Bed and Breakfast» übernachtet und sofort Gefallen gefunden am Prättigau und der eigenen Art der Bewohner:innen.» Roland, der in seiner beruflichen Laufbahn vor allem im Informatikbereich tätig gewesen ist, hat sich zwei, drei Jahre später intensiv darüber Gedanken gemacht, wo er und seine Frau Silvana ihren Ruhestand verbringen wollen. Da hat sich das Ehepaar daran erinnert, wie sehr es ihnen im Prättigau gefallen hat. «Wir haben Häuser und Wohnungen angeschaut in Spanien, Italien, in der Surselva und sogar in Arosa, aber wirklich hängen geblieben sind wir in Pany.» Gekauft haben die Beiden ihr Bijou 2016 noch als Ferienwohnung, doch eine berufliche Veränderung hat sie im Herbst 2021 von Wochenend-Prättigauern zu ganzjährigen Panyern gemacht. «Kurz vor der Pandemie gab es bei uns in der Firma einen Personalabbau, der für mich leider gerade ein wenig zu früh kam. Eigentlich hätte ich noch gerne ein, zwei Jahre weitergearbeitet und wäre dann erst in Pension gegangen und richtig nach Pany gezogen. Im Nachhinein war dies jedoch für mich ein Glücksfall, konnte ich mich doch jetzt ganz meiner Passion, dem Fotografieren und Filmen, widmen.»

Roland Steffen ist ganz vernarrt in das Prättigau und seine Bewohner:innen. Bild: Dionysius Hungerbühler

Harte Schale, weicher Kern

Die Art und der Dialekt «ünscher» Bevölkerung hat Roland sofort sehr gut gefallen. «Am Anfang ist mir sofort aufgefallen, dass das Wort ‹hübsch› hier sehr oft verwendet wird. Da ich die Landschaft und die Leute hier richtig gern bekommen habe, entschied ich mich, dazu einen Film über die Menschen im Tal zu drehen.» Er sei dann auf Cyprian Sutter von Prättigau Tourismus zugegangen, da er online auf deren Webseite Porträts von einigen spannenden Persönlichkeiten entdeckt hatte. Dieser sei natürlich sofort Feuer und Flamme für das Projekt gewesen und habe ihn, wenn auch nicht finanziell, in Form von vermittelten Kontakten stark unter die Arme gegriffen. «Oftmals haben auch die Porträtierten mir noch Tipps gegeben, wer auch noch jemand für einen Dokumentarfilm wäre.» Nach den ersten Drehs hat Roland festgestellt, dass es bei vielen Aufnahmen fast ein wenig zu schade wäre, wenn man sie kürzen würde. «Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschieden, anstelle eines Dokumentarfilms mit kurzen Statements, mehrere einzelne Filme zu drehen und zu veröffentlichen.» Diese einzelnen, inzwischen 13 Filme, die zwischen vier und fast 25 Minuten dauern, stossen in den sozialen Medien auf zahlreiche positive Feedbacks. «Fast täglich erreichen mich Zuschriften aus aller Welt, und es ist schon verrückt, in welchen Ländern, es überall Heimweh-Prättigauer gibt.» Häufig erhalte er die Rückmeldung, dass er ein Talent dafür habe, dass die von ihm porträtierten Persönlichkeiten authentisch und nahbar rüberkommen. Roland glaubt, dass dies vor allem daher komme, dass er immer versuche, den Interviewten auf Augenhöhe zu begegnen. «Ich habe die Leute hier so gern, weil sie einen weichen Kern haben, auch wenn der raue Dialekt vielleicht eher die harte Schale zeigt. Doch um diese unter die Haut gehenden Geschichten und Emotionen herauszukitzeln, braucht es viel Zeit und Geduld. Es hilft aber sicher auch, dass ich alleine und nicht mit einer Entourage von fünf Leuten wie ein Fernsehteam auftauche.»

Die Gefahr der Wiederholung

Seine filmischen Porträts sind zeitaufwändig. «In der Regel brauche ich für das Filmen von einem Clip rund zwei Tage. Doch das Sortieren und Aneinanderreihen des Materials ist es, was noch viel mehr Zeit frisst. Da bin ich dann zum Teil mit der Dramaturgie und dem ganzen Schnitt schnell mal drei Tage beschäftigt. Zum Leidwesen meiner Frau arbeite ich beim ‹Cutten› auch gerne mal eine Nacht durch, damit ich den Flow nicht verliere.» Wenn man den Zyklus der Veröffentlichungen von Roland Steffen mitverfolgt, müsste wohl nächstens wieder mal ein Porträt gedreht werden. Doch durch den Umstand, dass die Dokumentationen von niemandem finanziert werden, geniesst der Filmemacher eine gewisse Narrenfreiheit, wann und ob überhaupt er wieder ein Filmchen dreht. «Ich möchte mich bei meinen Projekten nicht wiederholen. Auch wenn ich immer wieder viele Anregungen kriege, habe ich aktuell eine kreative Pause eingelegt. Aber ich denke schon, dass ich irgendwann in den nächsten Monaten vielleicht wieder mal einen Kurzfilm mit Leuten aus dem Tal drehe.» Neben dieser ehrenamtlichen Tätigkeit, die beste Werbung für die Region ist, zieht es Roland aber auch regelmässig in die Ferne. «Meine Frau und ich sind grosse Wildtier- und Afrikafans und gerade vor wenigen Tagen haben wir Tickets nach Botswana gekauft.» Auch auf dem schwarzen Kontinent liegt der Filmemacher nicht auf der faulen Haut. «Wildtiere zu fotografieren und zu filmen sowie gleichzeitig auch etwas für deren Schutz zu unternehmen, ist mir eine Herzensangelegenheit.» Doch auch sonst stehen noch einige Destinationen auf Rolands Löffelliste. «Ich würde wahnsinnig gerne mal noch in die Antarktis reisen, und auch in Japan Fotos zu schiessen, wäre grossartig. Doch leider kommt immer wieder was dazwischen.» Vielleicht will es das Universum einfach so und wenn wir ehrlich sind, klingt «Mis hübscha Prättigau» eben schon viel besser als «Mis hübscha Japan». Oder?

Bisher filmisch porträtiert hat Roland Steffen folgende Personen:

  • Luana Flütsch, ehemalige Skifahrerin 
  • Andres «Steimändli» Scherrer, Bergführer
  • Konrad Anhorn, Jungunternehmer
  • Gian Rupf, Schauspieler 
  • Andreas Luck, Büchsenmacher und Graveur 
  • Monika Flütsch, die Papierschnittkünstlerin 
  • Marco Walli, 
  • Schnitzer und Holzbildhauer 
  • Andy Vetsch, Gründer Swiss Bike Masters und Gemeindevorstand von Grüsch 
  • Dorli Roffler, Gastgeberin Bodähütte
  • Hitsch Kessler, Kaminfeger, Volksmusiker
  • Bernhard Bärtsch, Landwirt & Schräghagbauer
  • Peter Aebli, Präsident Kur- und Verkehrsverein aus Seewis
  • Lea Meier, Biathletin

Alle Videos finden sie unter www.rolandsteffen.com/videos

Christian Imhof