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Prättigau
05.02.2022

«Man muss schon vor Olympia brutal abliefern»

Joos Berry ist der einzige Prättigauer an den olympischen Winterspielen 2022.
Joos Berry ist der einzige Prättigauer an den olympischen Winterspielen 2022. Bild: zVg
Vom 4. bis am 20. Februar 2022 finden in Beijing die olympischen Winterspiele statt. Mittendrin ist auch Joos Berry aus Überlandquart. Der Prättigauer kämpft neben Romain Détraz aus Forel (VD), Alex Fiva aus Chur und Ryan Regez aus Wengen (BE) in Peking um Medaillen in der Disziplin Skicross.

Die Sportkarriere von Joos Berry hat klassisch mit Ski Alpin begonnen. «Ich war schon als kleiner Junge immer auf den Ski unterwegs. Ich bin ja in Überlandquart aufgewachsen, das direkt an der Skipiste von Grüsch-Danusa liegt. Zuerst in der JO Grüsch, nachher in der RG Danusa. Über die bin ich nachher in den Stützpunkt Davos-Prättigau gekommen, wo ich zwei Jahre die JO-Rennen gefahren bin. Schliesslich bin ich dann mit 15 FIS-Rennen gefahren.» Bei aller Liebe zum Sport hat sich der Athlet aber trotzdem für einen Plan B entschieden. «Aber da ich wusste, dass ich eine Bauernlehre mache, und da es auch von den Resultaten her knapp gewesen wäre, habe ich mit dem Ski Alpin aufgehört. Anschliessend habe ich Landwirt und Zimmermann gelernt.» Zum Skicross sei er durch Armin Niederer gekommen. «Er ist der Mann meiner Cousine und schon recht früh Skicross gefahren. Gemeinsam mit ihm bin ich auch die ersten Rennen gefahren. Damals gab es eine «High-Five»-Tour, bei der es überall in Graubünden Rennen gegeben hat. Dort bin ich dann mitgefahren. Dadurch konnte ich dann an den Europacup. Damals hat Swiss Ski gerade frisch ein Europacup-Team aufgebaut, und ich war gleich von Anfang an mit dabei.»

Grosse Unterstützung vom Betrieb

Skicross sei eine sehr spannende Angelegenheit, sagt Joos Berry, der inzwischen in Heiligkreuz bei Mels lebt. «Es ist ein Mann-gegen-Mann-Kampf, bei dem man nie alleine ist auf der Piste. Du hast immer wieder neue Herausforderungen. Wenn man beispielsweise zu viert auf der Piste ist, kann sehr viel Unvorhersehbares passieren. Du musst immer wieder einen anderen Plan im Kopf haben und schnell die Taktik ändern können, was es brutal spannend macht.» Den Sport und den Job unter einen Hut zu bringen, sei oft gar nicht einfach. «Das Wichtigste bei mir ist, dass ich einen sehr guten und flexiblen Arbeitgeber habe, der mich immer unterstützt. Es ist ein grosses Glück, dass ich dies bei der Zimmerei Gebrüder Möhr in Maienfeld gefunden habe. Mein Chef Christian Egli ist sehr sportbegeistert. Er war früher zu Schulzeiten sogar mal mein Trainer.» Trotzdem sei es eine Herausforderung, immer die beste Lösung zwischen Arbeit und Training zu finden, dass auch die Erholung nicht zu kurz komme. «Meistens Anfang Sommer, wenn ich wieder mit dem Training beginne und dem Arbeiten, braucht es einen Moment, bis wieder ein Rhythmus drin ist.»

Da liegt was drin

Als Joos Berry informiert wurde, dass er an den Olympischen Spielen teilnehmen könne, habe ihn das schon sehr stolz gemacht. «Die Schweizer Konkurrenz ist gross, und die vier Plätze sind sehr begehrt. Es müssen auch viele gute Athleten über die Klinge springen, die leider nicht mitkommen können, obwohl sie gute Resultate erzielt haben im Weltcup. Schliesslich macht es mich stolz, dass ich einer der wenigen im Weltcup bin, der im Sommer noch einer Arbeit nachgeht, alles unter einen Hut bringt und trotzdem nahe an der Weltspitze mitfahren kann.» Das Training intensiviert habe er jetzt aber nicht speziell, da der Grundstein für eine Olympiasaison im Sommer und im Herbst gelegt werde. Es sei eine lange Saison, vor allem bei den Skicrossern. «Wenn die Plätze so umkämpft sind, dann muss man schon vor Olympia brutal abliefern und bereit sein, dass man überhaupt einen Startplatz bekommt für einen Grossevent.» Nicht nur im eigenen Lager, sondern allgemein im Skicross ist die Weltspitze breit aufgestellt, und es können laut Berry viele Leute vorne mitfahren. «In den letzten drei Saisons habe ich es immer geschafft, mindestens einmal pro Saison aufs Podest zu fahren. Grundsätzlich ist es auch möglich, es an Olympia zu schaffen. Es muss einfach vieles stimmen an dem Tag.» Es sei sicher Ziel jedes Schweizer Athleten Medaillen zu holen. Um dies zu erreichen, gebe es schon ein paar Tipps und Tricks, die er jungen Sportlerinnen und Sportlern mit auf den Weg geben kann. «Das Wichtigste ist es, ein Ziel vor Augen zu haben und nie zu verlieren, auch wenn es mal holprig oder schwierig ist. In jedem Sport gibt es auch Rückschläge, die man einstecken muss. Schlussendlich zählt, wer die Geduld hat, weiterkämpft und auf das Ziel hinarbeitet. Ich musste auch 32 Jahre alt werden, um an Olympia starten zu dürfen.» Den Ausgleich neben dem Sport zu haben, sei auch elementar. «Bei mir ist es das Arbeiten und schliesslich schätze ich es natürlich auch sehr, dass ich eine Lehre und eine Weiterbildung machen konnte. So weiss ich, dass ich ein wenig unabhängiger vom Sport bin. Und auch, wenn es dann mal ein bisschen schwieriger wird oder es nicht mehr genügt, kann ich dann direkt wieder ins Arbeitsleben einsteigen.» Doch von diesem Schritt ist der Prättigauer hoffentlich noch ein paar Jahre entfernt. Übrigens das Skicross-Rennen der Männer bei den Olympischen Winterspielen 2022 wird am 18. Februar im Genting Skiresort ausgetragen. Hopp Joos Berry!

Christian Imhof