Mit Georg Carl im Gespräch
Zur Thematik dieser unterschiedlichen Massnahmen und Wahrnehmungen sowie weiteren Fragen zur Flüchtlingsthematik äusserte sich Georg Carl, Leiter der Abteilung «Asyl und Rückkehr» des Amts für Migration und Zivilrecht des Kantons Graubünden. Auslöser für dieses Gespräch waren insbesondere neue Bestimmungen zur Kostenbeteiligung im Gesundheitsbereich, welche für Asylsuchende und Flüchtlinge finanzielle Konsequenzen haben. Ob dies mit einer Fraktionsanfrage der SVP im Grossen Rat zusammenhängt, welche vor zwei Jahren eingereicht wurde, ist offen.
Die Bezeichnung der Schutz suchenden Menschen hängt von ihrem Status ab. Bis zum Asylentscheid werden sie als Asylbewerber mit Status N bezeichnet. Je nach Entscheid gelten sie danach als vorläufig Aufgenommene (Status F) oder als anerkannte Flüchtlinge (Status B). Und so stehen diesen Menschen dann unterschiedliche Rechte zu. Um es gleich vorwegzunehmen: Personen mit Status N und F fallen nicht in den Bereich der oft zitierten SKOS-Richtlinien (Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe).
Gesundheitskosten im Fokus
Aus Unterlagen des Bundes geht hervor, dass Asylsuchende und Flüchtlinge gesundheitlich oft belastet sind und deshalb besondere Beachtung verdienen. Auf ihrem Weg in die Schweiz mussten sie oft prekäre Bedingungen und traumatische Situationen erleben. Sie benötigen eine auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Gesundheitsversorgung. Die körperlich und psychisch strapazierende Fluchterfahrung, oft verbunden mit dem Erleiden von Gewalt, zerbrochene soziale und familiäre Strukturen, Verständigungsschwierigkeiten, wenig Kenntnis unseres Gesundheitssystems und Existenzängste wegen unsicherem Aufenthaltsstatus sind nur einige der Probleme. Gleichzeitig werden unsere Schweizer Haushalte mit stetig steigenden Krankenkassenprämien konfrontiert, was die Diskussion im Zusammenhang mit den Kosten im Migrationsbereich zusätzlich anheizt. Hier das richtige Mass zwischen der einheimischen Bevölkerung und der Unterstützung für Schutz suchende Menschen zu finden, ist wohl ein Spagat, der nicht leicht zu bewältigen ist, zumindest dann nicht, wenn man den Vereinbarungen der Menschenrechtskonvention und einer minimalen sozialen Verantwortung gegenüber Mitmenschen gerecht werden will.
Das stete Auf und Ab
Für das Amt für Migration des Kantons Graubünden (AfM-GR) ist die Aufgabenbewältigung nicht ganz einfach und die Mitarbeitenden befinden sich in einem extremen Spannungsfeld. Einerseits ist die Zahl der Zuweisungen durch den Bund schwer abschätzbar, spielen doch internationale Entwicklungen eine grosse Rolle beim Zustrom Schutz suchender Menschen. Andererseits ist mit den finanziellen Mitteln haushälterisch umzugehen, da ausser den dem Kanton zugesprochenen Bundesgeldern keine zusätzlichen kantonalen Geldmittel eingesetzt werden sollen.
Je nach Anzahl der zugewiesenen Personen sind Unterkünfte und Betreuungspersonen bereitzustellen – und wie schnell eine Situation ändern kann, erfuhr man mit dem Beginn des Ukrainekriegs.
Ein weiteres Thema, welches Carl anspricht, ist die grosse Spanne bezüglich der Personen selbst. Ohne die Schutz suchenden Menschen kategorisieren zu wollen, betont er, dass vom Baby und Kindergartenschüler bis hin zu kriminellen Personen alles in den Verantwortungsbereich seiner Behörde fällt. Dies erschwert die Aufgabe zusätzlich. Immerhin, auf absehbare Zeit sei nicht mit grossen Zuströmen zu rechnen; zumindest nicht aufgrund der aktuellen Situation und Beurteilung.
Vom Umgang mit den «Fremden»
Die Erfahrung an allen Orten, wo Asylsuchende untergebracht werden sollen, sei immer wieder dieselbe gewesen, weiss Georg Carl zu berichten. Einer Ablehnung und Skepsis folge stets eine Beruhigungsphase und oftmals seien die Bewohner:innen von solchen Unterkünften im Ort kaum aufgefallen.
In Pany hätten sich die Schutz suchenden Menschen bestens integriert und er, der nur einen Steinwurf vom Transitzentrum Lasaris entfernt wohnt, habe nur Gutes gehört. Die Sprachkurse, welche durch Freiwillige angeboten würden, sind seiner Meinung nach wichtige Elemente, da sie den Asylsuchenden und Flüchtlingen eine gewisse Tagesstruktur böten. In den gleichen, positiv zu bewertenden Rahmen gehören die offenen Gesprächsrunden, welche inzwischen jeweils am ersten und dritten Samstagmorgen eines Monats in der Mediothek in Küblis stattfinden.
Wichtig im Umgang mit Asylbewerbern und Flüchtlingen seien Offenheit und Unvoreingenommenheit, schliesst Carl das Gespräch, welches im inzwischen reichhaltig ausgestatteten Schulraum des Transitzentrums Lasaris in Pany stattfand.