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02.10.2024

Das Bewusstsein unserer Sterblichkeit – ein Fluch der Segen?

Bild: Emilia Schwarz
Wir Menschen sind uns unserer Sterblichkeit bewusst. Ab einem gewissen Alter lernt man als Kind, was der Tod bedeutet und dass dieser bei jedem Menschen irgendwann eintritt. Als ich noch kleiner war, war für mich diese Vorstellung ganz schrecklich. Ich wollte nicht, dass das Leben irgendwann vorbei ist. Heute möchte ich das immer noch nicht. Ich geniesse das Leben und möchte möglichst viel Zeit mit meinen Liebsten auf diesem Planeten verbringen. Das Bewusstsein unserer Sterblichkeit hat meiner Meinung nach aber auch Vorteile. Mir ist bewusst, dass der Tod ein heikles Thema ist. Ich möchte auch keineswegs leichtfertig verkünden, dass der Tod nichts Schlimmes für die Zurückbleibenden ist. Das Bewusstsein für die Endlichkeit des Lebens führt meiner Meinung nach jedoch zu einem intensiveren und aufregenderen Leben.

Zwischen Sinnlosigkeit und Verlustängsten
Bevor wir mit den Vorteilen starten, möchte ich noch anmerken, dass das Bewusstsein unserer Sterblichkeit bei vielen Unsicherheit, existenzielle Angst und Verlustangst auslösen kann. Zudem erscheint einem das Leben vielleicht sinnlos, wenn es plötzlich einfach vorbei sein könnte. Wozu das alles? Das könnte man sich fragen. Ich denke, dass diese Fragen absolut normal sind und dass sich fast jeder Mensch damit auseinandersetzt. An dem Eintreffen des Todes zu irgendeinem Zeitpunkt in unserer Zukunft können wir aber nichts ändern. Aus diesem Grund denke ich, dass es nichts schadet, sich die Vorteile unserer Sterblichkeit ins Bewusstsein zu rufen.

Bedeutung im Leben
Da unsere Zeit auf diesem wunderschönen Planeten nicht ewig ist, werden wir gezwungen, Prioritäten zu setzen und unserem Leben eine Bedeutung zu geben. Wir müssen uns auf das konzentrieren, was wirklich wichtig ist (Beziehungen, Liebe, Werte, Erfahrungen) und verschwenden weniger Zeit mit Nebensächlichkeiten. Zudem geben wir unserem Leben eine subjektive Bedeutung, indem wir uns zwangsläufig fragen müssen, was wir mit diesem Leben anstellen möchten und welche Spuren wir hinterlassen. Ich glaube es wäre alles viel selbstverständlicher, wenn wir ewig leben würden. Wenn das Leben unendlich lange wäre, müsste sich niemand so sehr um das Pflegen von Beziehungen kümmern. Die Eltern würden ewig leben und es gäbe kein Risiko, dass der Partner oder die Partnerin sterben würde. Mit dem Bewusstsein, dass man eines Tages selbst oder eine nahestehende Person nicht mehr aufwacht, wird man angetrieben, Zeit und Liebe in eine Beziehung zu investieren.

Freiheit
Ein endliches Leben kann uns durchaus dazu motivieren, freier zu leben. Wir erkennen durch das Bewusstsein unserer Sterblichkeit nämlich eher, wie unwichtig externe Zwänge oder gesellschaftliche Erwartungen im Angesicht unserer eigenen Vergänglichkeit sind. Dies ermöglicht es uns, eher nach unserer eigenen Wahrheit und unserer eigenen Vorstellung zu leben.

Bessere Menschen
Bei so viel Gewalt und Kriminalität ist es schwierig zu sagen, ob wir nun bessere Menschen sind, nur weil wir wissen, dass wir eines Tages sterben. Ich denke jedoch, dass sich die meisten überlegen, wie sie mit ihren Mitmenschen umgehen und wie sie in Erinnerung bleiben möchten. Das Bewusstsein unserer Sterblichkeit konfrontiert uns auch hier mit uns selbst und der Frage, was wir auf dieser Erde hinterlassen möchten.

Fazit
Auch wenn das Bewusstsein unserer Sterblichkeit Ängste und Unsicherheiten auslösen kann, bin ich der Meinung, dass es auch Vorteile hat. Wir schätzen unsere Mitmenschen und unser Leben möglicherweise mehr und betrachten nicht alles als selbstverständlich. Zudem konfrontieren wir uns mit uns selbst und setzen uns mit unseren Zielen, Werten und Wünschen auseinander. Durch den «Zeitdruck», den wir haben, werden wir gezwungen zu handeln.

Emilia Schwarz