«Ohne Musik kann ich keinen Tag verbringen»
Wie gut fühlt sich das an, nach so langer Zeit immer noch unterwegs zu sein?
Herrlich! Langsam wissen wir wies geht. Die Freude war noch nie so gross und die Dankbarkeit auch. Wer Krokus 2024 schauen kommt, sieht nur smiling faces und bekommt die volle Götterhämmerung. Wir sind ready. Und die Band ist nach wie gefragt auch auf grossen Festivals. Dazu ist es einfach grossartig, dass wir nach 50 Jahren immer noch gesund und fit sind. Möge es noch eine Weile so bleiben.
Erlebt Hardrock eigentlich ein Comeback?
Hardrock war nie ganz weg, weil es nie eine kurzlebige Modeströmung war. Vom Radio verpönt, aber immer live lebendig, wenn die Qualität stimmt. Aber tatsächlich erstaunt uns, wie immer mehr Junge diesen handgemachten Girarrenrock für sich entdecken. Wir sind also weit weg davon nur Gruftis und Kompostis im Publikum zu haben. Mittlerweile entdeckt die dritte oder gar vierte Generation Krokus. Das freut natürlich.
Reut es dich im Rückblick, dass du zwischen 1983 und 1987 sowie zwischen 1989 und 2008 nicht zurück zur Band gefunden hast?
Nein. Die Auszeit war für mich wichtig, um durchzuatmen und neue Projekte wie zum Beispiel Gotthard, Polo oder Patent Ochsner zu produzieren. Das hat meinen Horizont erweitert und mir neuen Power gegeben. Auf was ich stolz bin ist, dass wir mit Krokus seit 2008 ein sagenhaftes Comeback hingelegt haben das nun so lange in Friede und Freude hält. Das ist es, was zählt. Wir sind wieder eine Band und Freunde dazu.
Was war aus deiner Sicht der Höhepunkt der Karriere von Krokus?
Musikalisch ganz sicher die Band heute. Davon kann sich jeder selbst überzeugen. Wenn wir von den klassischen Verkaufszahlen, vor allem Übersee reden, dann sicher die 1983 Headhunter-Album-Phase in den Staaten. Das waren in jeder Hinsicht die goldenen Zeiten einer ganzen Rockszene, die es so nicht mehr gibt, weil viele gestorben sind und keine ebenwürdigen, grossen Bands mehr nachkamen. Dazu hat sich das ganze Business völlig verändert. In der Schweiz und Deutschland waren sicher für uns die letzten 10 Jahre die Highlights mit grossen Festivals, Gold-Platin, Hallenstadion-Gigs und der legendäre Wacken-Auftritt inklusive ein No1 Live-Album davon, was glaub ich noch keine Schweizer Hardrockband geschafft hat.
Welche fünf Krokus-Songs sind persönlich deine liebsten?
Fire, Winning Man, Bedside Radio, Heatstrokes und Hoodoo Woman- das sind Songs die den Test der Zeit bestens überstanden haben und immer noch Säulen in unserem Live-Programm sind
Nach der Autobiografie und den Adios Amigos-Konzerten haben alle gedacht, es wäre zu Ende mit euch. Wie rasch wurde klar, dass ihr doch noch weiter macht?
Nun das ist lange her. Da dachten wir das auch, aber dann während Corona merkten wir plötzlich, dass das was uns wirklich am Leben hält die Musik ist, die wir zusammen machen. Es hat uns nähergebracht. Was und wem kann man in heutigen Zeiten noch vertrauen? Genau: In «Rock we trust» wurde zu unserem Motto und wer uns live schauen kommt, wird genau merken, was wir damit meinen. Es ist einfach schön, noch etwas weiterspielen zu können. Ein grosses Dessert sozusagen
Storace hat eine Soloband, Von Arb eine Bluesband. Wieso hast du neben dem kurzen Soloausflug 1989 nicht diesen Weg weiterverfolgt?
Nebst dem Zusammenarbeiten mit anderen Bands, fand ich vor langer Zeit meine Passion im Schreiben. Da kann ich mich auf meine Art noch tiefer und präziser ausdrücken. Das erfüllt mich. Seither sind 6 Bücher erschienen, die meisten davon Bestsellers. Aber schreiben ist auch Knochenarbeit- pro Buch an die 2000 Stunden. Für mich der perfekte Ausgleich zur Musik. Aber ich sitze auch oft am Flügel oder an der akustischen Gitarre zu Hause. Ohne Musik kann ich keinen Tag verbringen.
Im „Meh Glück“ Buch steht, dass du wieder mit Gotthard am Arbeiten bist. Kommt da bald ein neues Album?
Du bist aber gut informiert (lacht) Ja, wir sind an neuen Songs dran. Eine bestimmte Nummer habe ich für Gotthard im Köcher. Mal schauen, was draus wird. Auch auch da ist viel Spass am Start. Man bleibt dran in ungewissen Zeiten.
Wird es je wieder neue Krokus-Musik geben oder ist alles schon gesagt?
Man weiss ja nie. Der Punkt ist: wir haben so viele tolle Songs, auch aus der Frühphase die wir gerne live spielen möchten und die Zeit der Lp’s ist leider vorbei. Nur um ein Tourneemotto zu haben machen wir kein Album. Aber vielleicht ein neuer Song, der das Level der besten alten hat, schliesse ich nicht aus.
Interessant ist, dass Krokus in der Schweiz nie so erfolgreich war wie nach der Rückkehr der Original-Besetzung im Jahr 2008. Hast du dafür eine Begründung?
Nun es gab eine Dekade, da spielten wir fast nur noch in Amerika. Das war ein Fehler. Dazu kommt das „Prophet im eigenen Land“-Syndrom. Ab 2008 konzentrierten wir uns mehr auf unsere europäischen Fans. Die neueren Songs haben das was unsere Easy Rockers lieben. Dazu spielen wir besser und freudiger als je zuvor. Power und frischen Wind brachte auch Drummer Flavio Mezzodi und natürlich unser maltesischer Vokal-Schallwerfer tönt immer noch frisch und freudig wie eine Lerche.
Wie geht es weiter?
Wir haben mal gesagt: Solange es die Rolling Stones noch machen, bleiben wir auch dran. Fakt ist: Wir machen es so lange, wie wir es so gut machen können. Da sind wir klar. Vorerst ist kein Ende in Sicht, wieso auch wenn alle gesund sind und das Ganze so viel Spass macht. Gesetzt sind bereits Konzerte im 2025 unter anderem auch die Monsters Of Rock Cruise
Wie ist dein Verhältnis zur Schweiz? Hat es sich im Laufe der Jahre verändert?
Heute wissen wir: Die Schweiz ist weltweit eines der schönsten und bestfunktionierenden Länder überhaupt. Erschaffen von unseren Vorfahren, erhalten von den nächsten Generationen und hoffentlich nicht von den gegenwärtigen Akteuren der Macht ins Elend gefahren wird. Es ist wie bei einer erfolgreichen Band oder Fussballmannschaft: Nie die Erfolgsformel vergessen, kritisch hinschauen und nicht aufhören das zu tun was einem erfolgreich gemacht hat.
Ein paar Worte zur allgemeinen Weltlage?
Nun, ich fasse mich kurz. Europa, vor allem Deutschland, bewegt sich definitiv in die falsche Richtung und muss aufpassen zum nicht Schosshund und Befehlsempfänger von Amerika zu werden. Was in meinem früher so geliebten Amerika läuft, ist desaströs. Schuldenwahnsinn und Gangster-Politiker. Dazu kommt diese ganze Panikmacherei seit Corona, Klima und Russland. Wir müssen zurückfinden zum gesunden Menschenverstand, zum selbständigen, unabhängigen Denken und Handeln und zum Frieden, sonst kommts mit Garantie nicht gut. Weg von alltagsuntauglichen Ideologien und jenseitigem Moralistentum hin zur Realität. Aber sprechen wir von erbauenden Sachen hier.
Es gibt von dir Biografien und Kolumnenbücher. Wirst du irgendwann auch noch einen Roman schreiben oder ist das nicht deine Welt?
Warum Romane erfinden, wenn das Leben so spannend ist? Ich zitiere Emerson: «Anstelle von Romanen werden schliesslich Autobiographien oder Tagebücher treten, wenn man seine Erfahrungen wahrheitsgemäss und packend zu erzählen vermag».
Wie lebst du eigentlich im Moment?
Ich lebe seit längerer Zeit meinen Traum. Musik, Bücher, die Natur und die Liebe halten mich jung. Dazu etwas Crossbike, Fussball, Tennis und Yin-Yoga. Ich habe das Privileg wunderbar zu wohnen-in Solothurn und Kreta und geniesse jeden Tag. Eine grosse Dankbarkeit ist da, dass ich das alles noch mit einer wunderbaren Partnerin und hie und da auch Tochter so erleben darf. Es gibt nur ein Wunsch: Bitte weiter so.
Ein Tipp für die gestressten Weltbürger?
Es empfiehlt sich, wenn wir uns mit Menschen umgeben, die uns Kraft geben und nicht Kraft absaugen.
Du hast viel erreicht. Was zählt am meisten?
Friede, Freude an der Musik, Liebe, Gesundheit, Familie, und nachhaltige Freundschaften.
Weitere Informationen
1974 in Solothurn von Chris von Rohr gegründet, ist Krokus so lange und erfolgreich unterwegs wie keine andere Band in der Schweiz. Krokus schaffte den Durchbruch in den USA, im Ursprungsland des Rock’n’Rolls und erreichte in den 1980er-Jahren mit allen sechs Alben die US-Charts. Etwas, das für eine Band aus der Schweiz kaum möglich gehalten wurde. Die Gruppe erhielt sogar die Ehrenbürgerschaft von Memphis, wo der Rock’n’Roll geboren wurde. 2019 wurde Krokus von ihrer Plattenfirma Sony Music mit einem Platin Award für 15 Millionen verkaufte Tonträger ausgezeichnet. Die Band aus Solothurn ist damit der erfolgreichste Rock-Export der Schweiz. Krokus spielt auch nächstes Jahr grosse Festivals hierzulande mit anschliessendem Abstecher in die Vereinigten Staaten.