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18.08.2024

Laut gedacht: Hilfe suchen ist keine Schande

Bild: pixabay.com
Als ich nach den Ferien durch die Zeitung blätterte, traf mich die Todesanzeige meiner Schulkollegin Elisabeth Berry mit voller Wucht. Die Nachricht über ihren Freitod liess mich weinen, wie ich es schon lange nicht mehr tat und ich glaube, solche Tragödien müssten nicht sein, wenn endlich ohne Tabus über seelische Erkrankungen gesprochen werden würde. Denn Depressionen gehen uns alle an.

Ich erinnere mich gut an den Moment, als ich Elisabeth zum ersten Mal sah. Wie alle anderen Kinder aus Furna kam auch sie für die Oberstufe nach Jenaz in die Schule. Ihre Aura mochte ich sehr, da sie stets strahlte und einnehmend lachte. Es beeindruckte mich, wie sie offen auf alle zuging und auch einem Jungen, der körperlich noch nicht so weit wie die anderen Kinder war, völlig selbstverständlich half. Sie lebte Inklusion vor, als wir alle noch nicht einmal wussten, was das Wort überhaupt bedeutet. Nach der Schulzeit gingen unsere Wege zwar auseinander und doch verfolgte ich über die sozialen Medien, wie Lisi ihr Glück ausserhalb des Kantons fand. Ein letztes Mal mit ihr gesprochen habe ich, als ihr Vater 2021 gestorben ist. Obwohl der Anlass kein freudiger war, hatte ich das Gefühl, dass sie im Leben angekommen und mit sich im Reinen ist. Wie schwer ich mich leider doch getäuscht hatte… Das grosse Warum beschäftigt aktuell viele Leute im Tal. Bei jedem Gerücht dreht es mir den Magen um, denn letztendlich weiss es nur sie selbst, wieso sie es getan hat. Mich interessiert viel mehr, wie solches in Zukunft verhindert werden kann, denn Suizid ist nie die Lösung. Ich habe mir vorgenommen wieder aktiver nachzufragen, wie es den Leuten, um mich herum geht und hoffe, dass auch Sie, liebe Leserinnen und Leser, depressive Verstimmungen ernst nehmen. Solche Tragödien lassen sich nur gemeinsam vermeiden. Ausserdem ist es keine Schande, selbst um Hilfe zu bitten. Bei Kindern und Jugendlichen hilft Pro Juventute unter der Nummer 147. Bei Erwachsenen die dargebotene Hand unter der Nummer 143. Weitere Informationen finden Sie unter www.reden-kann-retten.ch.

Christian Imhof